Gefängnisse für minderjährige Mörder

von Redaktion

In Schweden soll die Strafmündigkeit sinken. © dpa

Stockholm/München – Von Handgreiflichkeiten auf dem Pausenhof bis zur folgenschweren Schlägerei auf dem Bolzplatz: Die Zahl der von Minderjährigen begangenen Gewalttaten steigt. 45 138 tatverdächtige Kinder und Jugendliche umfasst die Polizeiliche Kriminalstatistik aus 2024. Rund sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Das Bundeskriminalamt (BKA) spricht von „Höchstständen“ im Langzeitvergleich. Beinahe jeder vierte Tatverdächtige bei Gewaltverbrechen war im vergangenen Jahr noch nicht volljährig.

Wie das BKA erklärte, geraten die Jugendlichen zunehmend ins Visier der organisierten Kriminalität, die die Vorteile von minderjährigen Drogenkurieren und Ladendieben längst für sich entdeckt hat. Denn: Strafmündig sind Jugendliche in Deutschland erst ab dem 14. Geburtstag. Erst dann unterliegen sie dem Jugendstrafrecht.

Dass kriminelle Banden zunehmend Minderjährige rekrutieren, um sie als Drogenboten oder Schläger einzusetzen, sorgt bei den Behörden für Unbehagen. Das liegt auch an der Art und Weise, wie die Clans junge Menschen anwerben. Meist erfolge die Kontaktaufnahme mit dem potenziellen Verbrecher-Nachwuchs über die sozialen Medien oder auf Gaming-Plattformen, so das BKA. Die Palette der „Jobs“, die den Minderjährigen aufgetragen werden, reiche von Sachbeschädigungen und Diebstählen bis hin zu Mord. Für die kriminellen Banden ein risikoarmes Geschäft. Schließlich kann ein zwölfjähriger Täter strafrechtlich nicht belangt werden.

Während in Deutschland bislang von Einzelfällen die Rede ist, kämpfen die skandinavischen Länder schon lange gegen die Zunahme jugendlicher Verbrecher-Rekruten an. Die schwedische Regierung von Ministerpräsident Ulf Kristersson erwägt deshalb einen drastischen Schritt: Ein neues Gesetz soll das Alter der Strafmündigkeit herabsetzen und es möglich machen, Straftäter im frühen Teenageralter in Jugendgefängnisse zu stecken. Schon in der Vergangenheit hatte die Regierung in Stockholm die Strafvollzugsbehörde beauftragt, Abteilungen in Haftanstalten für 15- bis 17-Jährige zu schaffen, die schwere Straftaten begangen haben.

Diese Aufgabe werde nun erweitert und soll auch 13- und 14-Jährige umfassen, teilte das Justizministerium mit. Eine Senkung des Strafmündigkeitsalters für schwerste Straftaten sei wichtig, um die Gesellschaft zu schützen. Gleichzeitig solle sie betroffenen Kindern dabei helfen, die kriminelle Bahn zu verlassen, erklärte Justizminister Gunnar Strömmer. Er sprach von 100 bis 150 Plätzen für Straftäter im Alter von 13 bis 17 Jahren. Einsatzbereit sollen die Jugendabteilungen ab Juli 2026 sein. In den Einrichtungen werden die Häftlinge dann nach Alter und Geschlecht getrennt. Das Konzept dürfe aber nicht gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen, so das Ministerium.FLORIAN ZERHOCH

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