Bei Gaza hört die Freundschaft auf

von Redaktion

Antrittsbesuch in Ankara: Merz betont gegenüber Erdogan die guten deutsch-türkischen Beziehungen. Doch beim Thema Gaza-Krieg geraten die Staatschefs aneinander. © Kappeler/dpa

Ankara – Strategischer Dialog und vertiefte Zusammenarbeit: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) ist nach Ankara gereist, um die Türkei als „unverzichtbaren Partner“ enger an Deutschland zu binden. Der Nato-Verbündete sei „ein wichtiger Akteur in fast allen außen- und sicherheitspolitischen Fragen“, sagte Merz am Donnerstag an der Seite des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Es gebe keine Alternative zu einer „guten und vertieften Partnerschaft“.

An der innenpolitischen Lage in der Türkei äußerte Merz deshalb nur zurückhaltende Kritik. Vor der Reise war er von unterschiedlichen Seiten aufgefordert worden, bei seinem Besuch die Lage von Demokratie und Menschenrechten unter der zunehmend autokratischen Herrschaft Erdogans und konkret den Fall des inhaftierten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoglu anzusprechen. Dies thematisierte der Kanzler bei der Pressekonferenz mit Erdogan jedoch nicht. Mit Blick auf die EU-Perspektive für die Türkei äußerte er lediglich seine „Besorgnis“ darüber, „dass es hier auch Sachverhalte gibt, die zum Beispiel mit der Unabhängigkeit der Rechtsprechung nicht unseren Vorstellungen entsprechen“. Er sehe die Türkei dennoch eng an der Seite der Europäischen Union. „Wir wollen den Weg nach Europa weiter ebnen.“

Merz betonte seinen Willen, das in den vergangenen Jahren oft schwierige Verhältnis zur Türkei auf ein neues Fundament zu stellen. „Lassen Sie uns das enorme Potenzial unserer Beziehungen in den nächsten Monaten und Jahren noch besser nutzen“, sagte der Kanzler. „Und dafür gibt es auch zwingende Gründe, denn wir gehen in eine neue geopolitische Phase, die von der Politik großer Mächte geprägt wird.“

Kritisch wurde der Besuch in Ankara erst, als es um die Lage im Gazastreifen ging. Merz und Erdogan lieferten sich eine offene Konfrontation zum Thema Nahost-Konflikt. Während Merz sich klar an die Seite Israels stellte, warf Erdogan dem Land erneut „Völkermord“ vor. Israel habe trotz des Waffenstillstands wieder Ziele in Gaza angegriffen. „Sie greifen Gaza nicht nur an, sondern waren stets darauf bedacht, Gaza mit Hunger und Genozid gefügig zu machen“, sagte Erdogan.

Damit widersprach er ausdrücklich dem Kanzler, der – von einem Journalisten auf den Gaza-Krieg angesprochen – sagte: „Israel hat von seinem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht und es hätte nur einer einzigen Entscheidung bedurft, um auch die zahllosen unnötigen Opfer zu vermeiden.“ Die Hamas hätte die Geiseln früher freilassen und die Waffen niederlegen müssen. „Dann wäre dieser Krieg sofort zu Ende gewesen.“

Erdogan sagte daraufhin: „Bei einem Punkt kann ich dem Herrn Kanzler leider nicht zustimmen.“ Die Hamas habe keine Nuklearwaffen und keine Bomben, aber Israel verfüge über all diese Waffen und habe Gaza trotz des Waffenstillstands bombardiert. Am Ende wurde er wieder versöhnlicher und sagte, Deutschland und die Türkei würden in der Frage der Zukunft des Gazastreifens „Hand in Hand“ gehen.

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