Das war ein schlechter Auftritt des Außenministers. Mit bestürzter Miene stellte sich Johann Wadephul vor die Ruinen in einem Vorort von Damaskus und verkündete, kurzfristig könne man nicht nach Syrien zurückkehren. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“
Ärgerlicherweise schätzt Wadephul da zwei Dinge anders ein als seine Regierung. Außenpolitischer Maßstab für die Gewährung von Asyl in unserem Land ist nicht die Frage eines richtig würdevollen Lebens im Heimatland, sondern Schutz vor akuter Verfolgung. Das ist der Unterschied von Armutsmigration und Asyl, den die Bundesregierung 2015 schon mal folgenschwer überging. Und innenpolitisch ist es für die Migrationswende in Deutschland unerlässlich, Perspektiven für eine freiwillige Rückkehr, vielleicht auch Rückführung von syrischen Staatsbürgern zu schaffen – was Wadephul mit seinem Auftritt offensiv konterkariert. Nebenbei brüskiert er Syrien, das seine Landsleute zum Wiederaufbau braucht.
Drei Leitgedanken sollten die Debatte mit syrischen Flüchtlingen bei uns prägen. Erstens: Wer sich hier integriert hat – Job, Wohnung, Sprache, Rechtstreue – soll hierbleiben dürfen, es dürfte eine sechsstellige Zahl sein. Gut so, wir brauchen diese Menschen und sollten beiderseits stolz sein auf die geglückte Integrationsleistung. Zweitens: Wer straffällig wurde, muss kompromisslos und in aller Härte abgeschoben werden. Drittens: Auf Dauer können syrische Flüchtlinge, die hier im Sozialsystem aufgefangen wurden und keinen Antrieb zu Arbeitsaufnahme und Integration zeigen, nicht in Deutschland bleiben.
Wadephul scheint Teil drei nicht voll zu akzeptieren; deshalb kommt er ohne Fortschritte über ein Rückführungsabkommen aus Syrien zurück. Er schließt irritierend nahtlos an die grüne Vorgänger-Außenministerin an, wie schon beim Umgang mit den voreiligen Aufnahmezusagen an afghanische Flüchtlinge. Es wird Zeit, dass der Kanzler seinen Parteifreund nachdrücklich an die neuen Prioritäten der Merz-Außenpolitik erinnert. Und daran, was Wadephuls Aufgabe ist: Der Bundesaußenminister ist nicht reisender Betroffenheitslyriker, sondern harter Vertreter deutscher Interessen im Ausland.CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET