Damaskus – Neugierig bleiben die Kinder stehen und beobachten die Menschentraube auf ihrem Schulweg. Neben zerstörten Häusern, Schutt und rot-weißem Flatterband, das vor Minen warnt, stehen Männer in Anzügen. Jetzt ruft man die vier Schulkinder zu der Gruppe. „Ich bin Johann“, sagt der deutsche Außenminister Wadephul. Die vier Jungen kichern aufgeregt. Ein unbeschwerter Moment mitten im Chaos aus Häusergerippen und Staub.
Der deutsche Außenminister besucht in Syrien Harasta, einen Vorort von Damaskus. „Ein dermaßen großes Ausmaß an Zerstörung habe ich noch nicht gesehen, ich bin tief betroffen.“ Es sei wie „Deutschland 1945 nach dem Zweiten Weltkrieg“, sagt der CDU-Politiker. „Hier können wirklich kaum Menschen richtig würdig leben.“ Die Geflüchteten aus Deutschland „können kurzfristig nicht zurückkehren“.
Diktator Assad bombardierte in den Vororten seine eigenen Bürger und hinterließ eine kilometerlange Wüste aus Häusergerippen und Schutt. Bisher wurden 80 Massengräber gefunden, täglich kommen drei dazu. Von ehemals 350000 Menschen leben hier nur noch 40000. Mehr als zwei Drittel der Häuser sind zerstört. So wie hier vor den Toren Damaskus sieht es auch in vielen anderen Orten in Syrien aus. Deutschland ist der wichtigste europäische Unterstützer und hat das Land und Flüchtlinge mit 13 Milliarden Euro unterstützt.
In dem Vorort von Damaskus, wie in vielen Orten im ganzen Land, fehlt es an Strom, Wasser und sanitären Anlagen. Gut sieben Millionen Syrer flohen in Regionen im Innland, sechs Millionen ins Ausland – Deutschland nahm eine Million von ihnen auf. Seit dem Sturz von Diktator Assad im Dezember 2024, gibt es eine brüchige Ruhe. Parallel dazu diskutiert man in Deutschland über die Rückkehr der Geflüchteten. Bisher aber reisten nur knapp 2000 Syrer aus. Nicht nur die Heimat, sondern auch das Vertrauen ist zerstört.
Aber auch in Syrien ist Alltag möglich. Mitten in der Hauptstadt, nur zehn Kilometer von Harasta entfernt, schlendern die Menschen vorbei an intakten Häusern, blühenden Parks und Springbrunnen. Syrien braucht seine Exil-Bürger, besonders die aus Deutschland mit einer guten Ausbildung. Experten schätzen, dass 140 Milliarden Dollar nötig sind, um das Land wieder aufzubauen. Das geht aber nur mit Syrern, die zurückkehren und die Wirtschaft ankurbeln. Gleichzeitig sieht Wadephul sie auch als wichtige Stützen in Deutschland: Viele von ihnen hätten bei uns „eine neue Heimat“ gefunden, seien gut ausgebildet. Die, „die nach Syrien zurückkehren wollen, werden von uns mit einer Träne verabschiedet“. Jeder, der sich in Deutschland einbringe und integriere, sei „herzlich willkommen.“
Das ist eine andere Tonlage, als sie derzeit von anderen Unionspolitikern angeschlagen wird. In der CSU hält man wenig von Wadephuls Aussagen. „Nach dem Ende des Bürgerkriegs müssen Menschen ohne Fluchtgrund wieder in ihre Heimat zurückkehren“, sagt Generalsekretär Martin Huber. „Es braucht eine Rückkehr-Strategie für Syrer.“ Straftäter und Menschen ohne Duldung müssten nach Syrien abgeschoben werden. „Daran arbeiten wir mit Hochdruck.“ANNE-CHRISTINE MERHOLZ