Pflegegrad 1: Streit um Putzhilfe

von Redaktion

Eine Putzkraft als Unterstützung: Menschen mit Pflegegrad 1 erhalten dafür bis zu 131 Euro im Monat. © Shutterstock

Berlin/München – Die Pflegebevollmächtigte der Bundesregierung, Katrin Staffler, spricht sich dafür aus, die Leistungen für Haushaltshilfen im Pflegegrad 1 von monatlich bis zu 131 Euro nicht mehr allen Pflegebedürftigen zu zahlen. „Ob und welche Haushaltshilfe im Einzelfall wirklich sinnvoll ist, sollte künftig bei der Begutachtung individuell festgelegt werden“, sagte die CSU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Sie erntete umgehend Kritik von der Deutschen Stiftung Patientenschutz.

„Gerade Bewegung im Alter enorm wichtig“

Die CSU-Bundestagsabgeordnete aus dem Landkreis Fürstenfeldbruck sagte: „Was aus meiner Sicht nicht hilfreich wäre, wenn das Geld dazu verwendet wird, dass jemand anderes die Wohnung putzt, während der Pflegebedürftige, für den Aktivierung möglicherweise hilfreich wäre, nur auf der Couch hockt.“ Das berge die Gefahr, noch immobiler zu werden. „Gerade Bewegung ist im Alter enorm wichtig, um den Kreislauf zu stärken und dem Muskelabbau entgegenzuwirken“, sagte Staffler.

Bislang haben zuhause lebende Pflegebedürftige Anspruch auf einen sogenannten Entlastungsbetrag von bis zu 131 Euro monatlich – also bis zu 1572 Euro im Jahr. Das gilt auch für Pflegebedürftige des Pflegegrades 1, wie das Bundesgesundheitsministerium auf seiner Internetseite schreibt.

Viele Pflegebedürftige haben allerdings ein besonders hohes Sturzrisiko, besonders bei körperlichen Aktivitäten wie etwa Putzen. Zudem sind von den bis zu 131 Euro unter Umständen auch Leistungen wie Begleitung zum Arzt oder beim Spaziergang oder die Erledigung des Lebensmitteleinkaufs zu begleichen. In der Regel deckt die Erstattungsleistung bei Weitem nicht die Kosten.

Der Vorstand der Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, hält den Vorschlag für unsinnig. „Putzen ist keine Physiotherapie. Deshalb sind die Äußerungen der Pflegebevollmächtigten für hunderttausende hilfebedürftige Menschen verletzend“, sagte er. Die monatlich 131 Euro würden ohnehin nicht bar ausgezahlt. „Damit kann das Geld nur für wenige Stunden Entlastung im Monat eingesetzt werden. Ohne Eigenleistungen wäre die professionelle Unterstützung oft gar nicht möglich.“ Mit der vorgeschlagenen Einzelfallentscheidung würde ein „neues Bürokratiemonster“ geschaffen.

Ende September waren Überlegungen öffentlich geworden, den Pflegegrad 1 abzuschaffen. Staffler sagte den RND-Zeitungen, die zuständige Bund-Länder-Arbeitsgruppe zur Pflegereform habe keine solchen Pläne.

Hintergrund der Vorschläge ist das Defizit der Pflegeversicherung. Es lag im vergangenen Jahr bei 1,65 Milliarden Euro. Der Bundesrechnungshof erwartet für das kommende Jahr einen Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro und eine weitere Erhöhung in den Folgejahren.

Staffler schlug vor, dass der Bund die Kosten für die Ausbildung in der Pflege im Gesamtumfang von 1,7 Milliarden Euro übernimmt. Heimbewohner könnten damit um je rund 130 Euro im Monat entlastet werden.

Die Bundesländer forderte sie auf, ihrer Verpflichtung nachzukommen, die Investitionskosten für Instandhaltung und Modernisierung zu übernehmen. Dadurch könnten Heimbewohner um weitere 500 Euro entlastet werden.AP/DPA/MM

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