Klima: „Europa ist nicht mehr Vorreiter“

von Redaktion

In Belém begann gestern die Weltklimakonferenz COP30. Von dem Treffen in Brasilien „geht eine große Signalwirkung aus“, sagt der Klimaexperte Ole Adolphsen im Interview.

Herr Adolphsen, wie wichtig ist die diesjährige COP, die am Montag im brasilianischen Belém beginnt?

Auch wenn in Belém nicht wirklich viele wichtige Entscheidungen getroffen werden, geht von der COP eine große Signalwirkung aus. Das liegt vor allem daran, dass sich wichtige Akteure derzeit aus der Klimapolitik zurückziehen.

Sie meinen die USA, die am ersten Amtstag von Donald Trump ihren Ausstieg aus dem Pariser Abkommen angekündigt haben.

Das war zu erwarten. Überraschender ist, wie konsequent die USA unter Trump international gegen Klimapolitik vorgehen. Die Außenpolitik der USA zielt mittlerweile darauf ab, die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien zu bremsen und die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen möglichst hochzuhalten. Das sieht man zum Beispiel an den Deals, die die USA im Zuge von Trumps Zollpolitik mit anderen Ländern abschließen. Oder daran, dass die USA mitgeholfen haben, das globale Plastikabkommen und die CO₂-Bepreisung in der internationalen Schifffahrt zu stoppen. Das hat eine ganz neue Qualität, die man im Januar, nach Trumps Amtsantritt, so nicht erwartet hatte.

Hat die Haltung der USA Auswirkungen auf die Klimaziele anderer Staaten?

China hat vor Kurzem verkündet, seine Emissionen bis 2035 nur um sieben bis zehn Prozent zu senken. Da hatten Experten deutlich mehr erwartet. Ich glaube zwar nicht, dass das ausschließlich an den USA liegt, in China sind innenpolitische Erwägungen immer entscheidender als außenpolitische. Aber die Haltung der USA hat sicherlich nicht geholfen.

China baut erneuerbare Energien rasant aus, nimmt gleichzeitig aber viel Kohlekraft neu ans Netz. Wie passt das zusammen?

Auch in China gibt es Interessen, die sich widersprechen. Die Zentralregierung will die Emissionen senken, auf regionaler Ebene gibt es aber Akteure, die ihre eigenen Interessen haben. Gerade Kohle ist für die industrielle Produktion und das wirtschaftliche Wachstum in einzelnen Regionen in China noch immer wichtig.

Die EU will bis 2050 als erste Weltregion klimaneutral werden. Dagegen gibt es Widerstand.

Wir sehen tatsächlich derzeit einen gewissen Widerstand, zum Beispiel von Teilen der Industrie, die um ihre Wettbewerbsfähigkeit fürchten. Die Ziele des Green Deal haben aber weiterhin Gültigkeit, insgesamt ist die europäische Klimaarchitektur intakt. Das Bild von Europa als Vorreiter beim Klimaschutz, das wir lange hatten, ist allerdings nicht mehr zeitgemäß.

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