Die Jungen haben Recht, wenn sie sich sorgen, dass unser Rentensystem auf Dauer unbezahlbar ist und sie selbst im Alter nur noch Brosamen abbekommen werden. Aber auch die Älteren haben Recht, wenn sie fürchten, dass ein weiteres Absinken des Rentenniveaus das Problem der Altersarmut dramatisch verschärfen wird. Insofern ist es Aufgabe der Politik, beide berechtigte Sorgen aufzugreifen und daraus einen Kompromiss zu schnüren. Das haben Friedrich Merz und Bärbel Bas, Union und SPD, getan. Aber der Politikbetrieb hat sich in einer Art und Weise verändert, dass solch ein politischer Kompromiss nicht das Ende, sondern der Anfang neuer Debatten ist.
Wenn jetzt die Junge Union, flankiert von der zu Merz nur bedingt loyalen Ministerin Katherina Reiche, diesen Kompromiss wieder zerschlagen will, kann sie zwar stolz auf ihre klare Haltung und den Wirbel sein, den sie damit verursacht. Aber wie im Brennglas zeigen die Renten-Revoluzzer damit auch, dass es mit der von so vielen herbeigesehnten Konsensdemokratie der alten Bundesrepublik vorbei ist.
Jens Spahn hat deutlich gemacht, dass der SPD das Thema Rente so wichtig ist wie der Union die Migration. Wenn also die SPD bei Abschiebungen Kompromisse eingeht, die die eigene Basis auf die Palme bringen, muss im Gegenzug auch die Unions-Basis Kröten schlucken.
Nur: Diese Worte Spahns scheinen ergebnislos zu verhallen. Der Eindruck ewiger Koalitionsstreitereien, der letztlich die Ampel zersetzte, klebt längst auch an der schwarz-roten Regierung. Und wer jetzt meint, „dann wähle ich halt AfD, dann ist Schluss mit der Streiterei“, liegt schon allein deshalb falsch, weil der AfD-Zoff in der Russland-Frage zeigt: Diese Partei ist geradezu der Inbegriff an permanenter Selbstzerfleischung, wie die schier unendliche Liste an Parteiaustritten von Bernd Lucke bis Frauke Petry und Jörg Meuthen zeigt.
Getrieben von den Sozialen Medien, wollen Politiker sich heute individuell in Szene setzen – und das geht am besten mit abweichenden Meinungen. Das einst positive Image eines „Parteisoldaten“, der sich der Fraktionsdisziplin im Sinne des großen Ganzen beugt, ist dahin. Das macht Politik heute so viel schwerer. KLAUS.RIMPEL@OVB.NET