Es war schon mal herzlicher: JU-Chef Johannes Winkel (li.) mit Bundeskanzler Friedrich Merz (M., CDU), der den bayerischen Landesvorsitzenden Manuel Knoll begrüßt. © Von Ditfurth/dpa
Rust – Bislang war die Junge Union für den Kanzler eine sichere Machtbasis. Im Wahlkampf klebte der Parteinachwuchs unermüdlich Plakate und stand bei Wind und Wetter an der Seite von Friedrich Merz. Doch der Streit um das Rentenpaket entzweit beide Seiten: Beim Deutschlandtag der JU im südbadischen Rust wird es bei der Rede des Kanzlers immer stiller, in der Aussprache bekommt er dann kaum noch Applaus. Kritische Fragen der Delegierten werden hingegen frenetisch bejubelt. Kann die JU, die mehrere Abgeordnete stellt, das Vorhaben kippen?
Der Kanzler stellt sich in seiner Rede am Samstag klar gegen den Parteinachwuchs. „Ja, ich werde mit gutem Gewissen diesem Rentenpaket zustimmen, wenn wir es im Deutschen Bundestag zur Abstimmung vorliegen haben“, sagt Merz. Das tue er, weil er wisse, dass es nur der Anfang einer Diskussion über grundlegende Sozialreformen sein werde. Vom Parteinachwuchs fordert er in der Debatte konstruktive Vorschläge. „Nehmt an dieser Debatte konstruktiv teil. Aber nicht, indem ihr sagt, was nicht geht.“ Man müsse diskutieren, was gehe. „Glaubt jemand ernsthaft, dass wir einen Unterbietungswettbewerb gewinnen? Wer bietet das niedrigste Rentenniveau?“, ruft Merz in den Saal. „Das kann doch nicht euer Ernst sein!“
Viele der Delegierten fühlen sich regelrecht abgekanzelt. Sie kennen natürlich die Nöte eines Kanzlers in einer Koalition. Doch offenbar hat Merz, für seine klare Aussprache bekannt, auch diesmal nicht den richtigen Ton getroffen. Das gelingt Markus Söder tags darauf deutlich besser. Das ist ein bisschen kurios, schließlich ist es nicht zuletzt Söders Ausweitung der Mütterrente (Kosten: fünf Milliarden Euro), die von vielen Jungen abgelehnt wird. „Ich finde, ihr habt schon gute Argumente, und man muss sie auch wägen und beachten. Und wir müssen darüber auch mit der SPD reden“, sagt Söder. Zugleich stellt er klar, er werde dem Kanzler nicht in den Rücken fallen. „Friedrich Merz muss auch eine Koalition zusammenhalten.“
Die JU gibt sich hart. Im Zentrum ihrer Kritik steht die sogenannte Haltelinie für das Rentenniveau, also das Verhältnis der Renten zu den Löhnen. Im Koalitionsvertrag haben CDU, CSU und SPD vereinbart, bis 2031 die Haltelinie für das Rentenniveau bei 48 Prozent zu verlängern. In dem vom Kabinett beschlossenen Rentengesetzentwurf ist außerdem aber vorgesehen, dass auch nach 2031 das Rentenniveau um rund einen Prozentpunkt höher als im geltenden Recht liegen soll. JU-Chef Johannes Winkel stellt in Rust klar: „Dieses Rentenpaket mit den Folgekosten von 120 Milliarden Euro über den Koalitionsvertrag hinaus, das darf auf keinen Fall so kommen.“
Für den Kanzler birgt das gewaltige Risiken: Der Jungen Gruppe von CDU und CSU gehören 18 Abgeordnete an, die Koalition hat aber nur eine Mehrheit von 12 Stimmen. Es bestünde die Gefahr, dass das Vorhaben mit Stimmen der AfD oder Linken durchgeht. Beides würde viel Ärger bringen – für die Koalition und für Merz.
Offenbar ist Merz klar, wie groß der Schaden ist. Er versucht, ihn einzufangen. Am Sonntagabend stellt er sich in der ARD noch einmal den Fragen. „Mir war klar, dass das kein Homerun wird“, sagt er mit Blick auf die JU. Er „bemühe“ sich um Zusammenarbeit. „Aber ich bin als Bundeskanzler nicht nur einer Gruppe verantwortlich.“ Er trage Verantwortung fürs ganze Land.
Doch die Jungen stehen nicht allein. Unterstützung bekommen sie von Baden-Württembergs CDU-Spitzenkandidat Manuel Hagel. Wenn der Entwurf von Arbeitsministerin Bärbel Bas eins zu eins komme, brauche es keine Rentenkommission mehr, sagt Hagel. Diese soll eigentlich Reformvorschläge machen. Der 37-Jährige lästert: „Das Einzige, was ihr in der Rentenkommission noch werdet tun können, ist Kaffee trinken, Kuchen essen und euch überlegen, ob ihr 120 Milliarden oder 150 Milliarden zuschießt.“