Warum Xi um seine Macht fürchtet

von Redaktion

Xi Jinping kämpft gegen die Korruption. © NOEL CELIS/AFP

München/Peking – „Ihr seid alle Helden“, sagt Xi Jinping, als er Anfang November auf dem Deck von Chinas neuem Flugzeugträger „Fujian“ die Reihen der Soldaten abschreitet. Die „Fujian“ ist der Stolz der chinesischen Marine, sie verfügt über fortschrittliche Technologie zum Start von Kampfjets, wie sie sonst nur die USA beherrschen. „Ihr müsst kampfbereit sein“, fordert Chinas Staats- und Parteichef, und aus hunderten Kehlen schallt es ihm entgegen: „Befolgt die Befehle der Partei, seid fähig, Schlachten zu gewinnen!“

Chinas Volksbefreiungsarmee (VBA) rüstet rasant auf. Ob das Land aber in der Lage wäre, Schlachten zu gewinnen, ist fraglich. Einen Grund für diese Skepsis vieler westlicher Experten konnte man während der „Fujian“-Zeremonie sehen. Beziehungsweise: Man konnte es nicht sehen. Denn Beobachtern war aufgefallen, dass mehrere hochrangige Vertreter auf den Fernsehbildern fehlten.

Das deute darauf hin, „dass gegen sie ermittelt wird oder sie mit Disziplinarmaßnahmen rechnen müssen“, schreiben die Analysten der auf China spezialisierten Beratungsfirma Trivium China. Gefehlt hätten drei hochrangige Admiräle, darunter Hu Zhongming, der Kommandeur der chinesischen Marine. „Die größte Herausforderung für Xi“, so die Trivium-Analysten, liege nicht beim Material – China verfügt beispielsweise über mehr Kriegsschiffe als die USA – „sondern beim Personal“.

Immer wieder machten in den letzten Jahren spektakuläre Fälle von Korruption in der VBA Schlagzeilen. Beispiel Raketenstreitkräfte: Neun Top-Militärs der Einheit, der auch Chinas Atomwaffenarsenal untersteht, mussten Ende 2023 gehen. US-Geheimdienberichten zufolge wurde ihnen vorgeworfen, Raketen mit Wasser statt mit Treibstoff befüllt zu haben. Auch zwei ehemalige Verteidigungsminister wurden seit 2023 aus ihren Ämtern entfernt.

Die VBA, die direkt der Kommunistischen Partei und damit Xi Jinping unterstellt ist, gilt als besonders anfällig für Korruption, weil hier große Geldsummen bewegt werden. China verfügt über das zweitgrößte Militärbudget der Welt, mehr geben nur die USA für ihre Armee aus. Die VBA soll bis zum Jahr 2049, wenn das Land den 100. Jahrestag seiner Gründung feiert, eine Armee auf „Weltklasseniveau“ sein. So fordert es Xi Jinping.

Vor wenigen Tagen warnte die Armeezeitung „Jiefangjun Bao“, Chinas Militär dürfte den Kampf gegen Korruption nicht verlieren: „Es geht um die langfristige Stabilität der Partei und des Landes, und es geht darum, sicherzustellen, dass der sozialistische rote Staat niemals seine Farbe ändert.“ Soll heißen: Wenn Xi die Kontrolle über das Militär entgleitet, könnte er auch die Kontrolle über China verlieren.SVEN HAUBERG

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