Der gemeinsame Tod von Alice (r.) und Ellen Kessler befeuert die Debatte um assistierten Suizid. © Ursula Düren/dpa
Was versteht man unter Beihilfe zum Suizid?
Beihilfe zum Suizid leistet, wer einem Menschen, der sich selbst tötet, dabei hilft, etwa durch das Besorgen von Medikamenten. In Abgrenzung zur verbotenen aktiven Sterbehilfe oder „Tötung auf Verlangen“ kommt es darauf an, dass die Sterbewilligen das Geschehen selbst in der Hand behalten. Den Wunsch nach assistiertem Suizid äußern nicht nur sterbenskranke Patienten, sondern auch Menschen, die unter Depressionen leiden oder sich als lebenssatt bezeichnen.
Wie ist die Gesetzeslage in Deutschland?
Suizid und nicht geschäftsmäßige Hilfe zum Suizid waren nie strafbar. Der Konflikt drehte sich vor allem um die Frage, wie Sterbehilfevereine oder Ärzte zu beurteilen sind, die Suizidbeihilfe kommerziell oder organisiert und wiederholt anbieten. 2015 beschloss der Bundestag ein Gesetz, das kommerzielle und geschäftsmäßige Suizidbeihilfe untersagte. Das Bundesverfassungsgericht kippte das Verbot Anfang 2020 und ließ damit die Tätigkeit von Sterbehilfevereinen zu. Dabei formulierten die Karlsruher Richter ein sehr weitreichendes Grundrecht auf selbstbestimmtes Sterben. Das gelte ausdrücklich für jeden, nicht nur für unheilbar Kranke. (Az. 2 BvR 2347/15 u.a.). Das Urteil verpflichtet Mediziner aber nicht, gegen ihre Überzeugungen Sterbehilfe zu leisten. Auch gibt es keinen Anspruch auf Hilfe.
Wurden die Regelungen daraufhin geändert?
Das Bundesverfassungsgericht hatte dem Gesetzgeber nahegelegt, Missbrauch durch ein Schutzkonzept zu verhindern. Der Staat solle einen rechtlichen Rahmen schaffen, der einerseits das Recht auf einen selbstbestimmten Tod ermöglicht, andererseits aber verhindert, dass alte und schwerstkranke Menschen zum Suizid gedrängt werden, weil sie als Last empfunden werden. Dazu lagen dem Bundestag mehrere parteiübergreifende Gesetzentwürfe vor, die aber bis heute keine Mehrheit erhielten.
Wann ist Suizidbeihilfe nicht strafbar?
Die Entscheidung muss freiverantwortlich, also ohne Überredung, Druck oder psychische Störungen erfolgen. Die entscheidende Person muss in der Lage sein, alle relevanten Informationen zu Alternativen abzuwägen. Die letzte, todbringende Handlung, etwa die Einnahme eines Medikaments, muss immer vom Betroffenen selbst vorgenommen werden.
Wie ist der Stand in Sachen Suizidpräventionsgesetz?
Die Suizidvorbeugung soll 2026 gesetzlich verankert werden. Zuvor hatten mehrere Verbände angesichts von rund 10000 Suizidfällen pro Jahr an die Politik appelliert, so schnell wie möglich ein Schutzkonzept für Menschen mit Suizidgedanken zu entwickeln und umzusetzen. Union und SPD haben sich im Koalitionsvertrag auf ein Suizidpräventionsgesetz verständigt. Ende 2024 hatte die Ampel-Regierung bereits einen Gesetzentwurf beschlossen, der aber wegen des Bruchs der Regierung nicht mehr umgesetzt wurde.
Wie sieht die katholische Kirche assistierten Suizid?
Sie fordert eine klare gesetzliche Regelung. Derzeit fänden assistierte Suizide ohne eine entsprechende Regulierung statt, kritisierte jüngst der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Die Kirche trete als „Lobbyist für das Leben“ auf. Der Theologe Jochen Sautermeister warnt davor, „dass der assistierte Suizid angesichts der massiven Herausforderungen im Gesundheits- und Pflegesystem an Bedeutung gewinnt“. Betroffene müssten vor sozialem Druck geschützt werden, vorzeitig aus dem Leben zu scheiden.