Vertrauter Plausch: Der damalige US-Präsident Bill Clinton (re.) spricht 1993 mit Jeffrey Epstein und Ghislaine Maxwell, die heute im Gefängnis sitzt. © IMAGO
Washington – Nachdem der Kongress nahezu einmütig für die Freigabe der Justiz-Akten über den verstorbenen Sex-Verbrecher Jeffrey Epstein gestimmt hat, galt die Unterzeichnung des Gesetzes durch Donald Trump gestern nur noch als Formsache. Es ist ein bemerkenswerter Sinneswandel des US-Präsidenten: Denn monatelang hatte Trump gegen eine Veröffentlichung der hochbrisanten Papiere Stimmung gemacht – obwohl er ja, wie er am Dienstag noch einmal betonte, mit Epstein nichts gemeinsam hatte. Er habe den Millionär einst aus seinem Klub in Florida geworfen, weil dieser „ein kranker Perverser“ gewesen sei.
In Washington hat nun das große Zittern bei jenen begonnen, die Epstein einst nahestanden. Theoretisch hat Justizministerin Pam Bondi als Hüterin der Akten die gesetzliche Vollmacht, Passagen der Ermittlungspapiere zu schwärzen und könnte dies mit dem Schutz der Privatsphäre von Betroffenen oder der nationalen Sicherheit begründen. Doch der Druck aus beiden Parteien ist enorm, hier endlich alle Karten über den Millionär offen auf den Tisch zu legen, der stets die Nähe von Mächtigen gesucht und 2019 im Gefängnis in Manhattan Selbstmord begangen hatte. Schon jetzt dringen aus dem Umfeld Epsteins immer mehr Schriftwechsel an die Öffentlichkeit, die prominente Politiker unter Druck setzen.
Das vorerst letzte Opfer ist hierbei der Parlamentssprecher der US-Demokraten, Hakeem Jeffries. Dessen Interessensvertreterin schickte 2013 – also nach der Verurteilung von Epstein wegen Sex-Verbrechen – eine E-Mail an den Straftäter, um ihn zu einem Fundraiser-Dinner einzuladen, an dem auch Präsident Barack Obama teilnahm. Dies sei eine gute Gelegenheit für Epstein, den Partei-Hoffnungsträger Jeffries besser kennenzulernen, hieß es. Offenbar wollte sie mit der E-Mail signifikante Spenden von Epstein generieren. Doch auch Trumps Schwiegersohn Jared Kushner hatte keine Probleme, Epstein 2013 zu einer Gala einzuladen. Kushner und Trump wussten, dass Epstein schon 2009 in Florida wegen Förderung von Prostitution und der Vermittlung von Minderjährigen zum Zwecke der Prostitution bestraft worden war. 2013 wurde auch zum Schicksalsjahr für den früheren US-Finanzminister und Harvard-Präsidenten Larry Summers. Dieser begann damals eine lange anhaltende Mail-Konversation mit Epstein, was jetzt Summers zu einer öffentlichen Entschuldigung veranlasste.
Unklar ist bislang auch die Nähe von Ex-Präsident Barack Obama zu Epstein. Eine Assistentin Obamas stand mit Epstein in regem Mail-Verkehr. Dinner-Treffen hatte Epstein auch mit dem in Deutschland geborenen Venture-Kapitalisten Peter Thiel und mit Microsoft-Gründer Bill Gates. Von den Justiz-Akten könnte es nun endlich auch Aufschlüsse darüber geben, welche Prominente tatsächlich den Epstein-Luxusjet – auch „Lolita-Express“ genannt – auf Einladung des Finanziers nutzten, um vor allem zur Karibikinsel Little Saint James zu fliegen. Einer der Passagiere war Bordpapieren zufolge Ex-US-Präsident Bill Clinton.