KOMMENTARE

Spendabel zur falschen Zeit

von Redaktion

Erst Reformen, dann Geschenke

Nach dem eher wenig geglückten Auftritt der Kanzlers im brasilianischen Belém machte der SPD-Bundesumweltminister Carsten Schneider der Weltklimakonferenz seine Aufwartung – und diesmal flogen dem Deutschen die Herzen nur so zu. Das war wenig überraschend, hatte der Minister doch keine losen Worte, sondern eine Milliarde Euro an Hilfszusagen für den Tropenfonds im Gepäck. Wenn der reiche Onkel aus Berlin, obwohl er die eigene Rente nicht mehr finanzieren kann, anreist und das Scheckbuch zückt, Radwege in Peru baut, Millionen für Gaza verspricht oder den Regenwald rettet, blickt er in dankbare Augen. Wenn es gefällig ist, dann darf sich Deutschland noch immer als umschwärmte Mittelmacht fühlen.

Aber auch nur dann. Und das ist das Problem. Ganz anders, nämlich als Bittsteller, musste in derselben Woche der Bundesfinanzminister in China vorstellig werden, nachdem man dort kurz zuvor den Bundesaußenminister noch mehr oder weniger ausgeladen hatte. Bei einem gemeinsamen Presseauftritt mit dem chinesischen Vizepremier musste sich Lars Klingbeil mit höflicher Miene Pekings Prahlereien über sein beeindruckendes 5,5-Prozent-Wachstum anhören. In Deutschland ist seit 2019 die Wirtschaft überhaupt nicht mehr gewachsen. Den Klassenunterschied lassen die Chinesen den Export-Weltmeister a. D. immer deutlicher spüren. Respekt genießt dort, wer ökonomische PS auf die Waage bringt. Alle anderen kriegen Chinas Neo-Imperialismus und die Handelsknute zu spüren.

Instinktiv hat Klingbeil dazu das Richtige gesagt: Die Bundesregierung müsse ihre Hausaufgaben erledigen, wenn Deutschland seinen Partnern in der Welt auf Augenhöhe begegnen und nicht nur als freigiebiger Sugar Daddy gemocht werden will. Doch genau daran fehlt es – der ungelöste Rentenkonflikt zeigt, wie sehr sich unser alterndes Land mit Verteilungskämpfen quält, seit das Wachstum versiegt ist und das Schmiermittel fehlt, um gesellschaftliche Konflikte zu entschärfen. So lange sich das nicht ändert, sollten Minister eines nicht mehr tun: in der Welt herumreisen und mit großer Geste Geld verteilen, das daheim an allen Ecken und Enden fehlt. Es ist das falsche Signal zur falschen Zeit. GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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