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Trump wirkt wie der Anwalt Moskaus

von Redaktion

Debatte um den US-Friedensplan

Man fragt sich, was wohl Historiker einmal über diese verwirrenden und verwirrten Tage schreiben werden. Über einen US-„Friedensplan“, der nicht vom Präsidenten vorgestellt, sondern an Medien durchgestochen wird. Dessen Urheberschaft auch nach Tagen unklar ist. Jedenfalls stammt das Papier nicht vom zuständigen Keith Kellogg, der als US-Sondergesandter für die Ukraine angeblich vor dem Rücktritt stehen soll. Sicher ist dagegen: Der Plan trägt die Handschrift Russlands. Und Europa wusste von nichts. Während in Moskau also ein kühl kalkulierender Stratege mit eiserner Hand regiert, herrscht im Westen unter dem erratischen Donald Trump das reinste Chaos.

Aber gibt es ihn eigentlich noch? Den Westen?

Trump jedenfalls geht es primär darum, einen unliebsamen Konflikt zu beenden. Egal, was das für Europa bedeuten würde. Außerdem will er verdienen. Die USA sollen laut Plan für ihre Sicherheitsgarantien kompensiert werden. Sie würden am Wiederaufbau der Ukraine profitieren und planen mit Russland eine langfristige Wirtschaftskooperation.

Nun wirkt Trump eher wie der Anwalt Moskaus. Der „Guardian“ vermutete in einer sprachlichen Analyse des Plans, dass er ursprünglich in russischer Sprache verfasst worden sein könnte: Manche grammatikalische Konstruktion wirke im Englischen hölzern, im Russischen dagegen nicht. Auch der US-Senator Angus King nannte die 28 Punkte „im Wesentlichen die Wunschliste der Russen“. Dazu passt, dass Trump nicht dem Aggressor eine Frist bis Donnerstag zur Annahme setzte – sondern dem Opfer. Am Donnerstag feiern sie in den USA Thanksgiving. Trump will dann nicht nur den Truthahn klein schneiden, sondern auch die Ukraine.

Die Europäer stürzt der rücksichtslose US-Präsident in eine schwierige Lage. Sie können dem Plan nicht zustimmen, allein weil die militärischen Vorgaben für die Ukraine auch östliche EU-Länder schutzlos zurücklassen würden. Zu oft hat Putin schon Verträge gebrochen, als dass man einer Nichtangriffszusage trauen könnte. Zugleich aber gibt es in allen Ländern den verständlichen Wunsch nach Frieden. Und natürlich steht manch Richtiges in den 28 Punkten. Wie sollen Merz, Macron oder Starmer ihrer Bevölkerung also klarmachen, warum sie Nein sagen? Wie will die Merz-CDU 2026 in Ostdeutschland Landtagswahlen gewinnen? Europa steckt in der Zwickmühle.MIKE.SCHIER@OVB.NET

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