So viele Trostpflaster hat der Kanzler den Rentenrebellen von der Jungen Union aufgeklebt und ihnen zugleich so viel nationale Verantwortung für den Fortbestand der Regierung aufgebürdet, dass die wohl gar nicht mehr anders können, als nächste Woche im Bundestag den Rentenplan der Regierung passieren zu lassen: Ein 10-Milliarden-Aktienpaket zur Förderung der privaten Altersvorsorge der Jungen soll aufgelegt und schon Mitte 2026 die Reformagenda der Rentenkommission präsentiert werden. „Keine Denkverbote, keine Tabus“ soll es da geben, beteuert CSU-Chef Söder, dafür aber „Strukturreformen“ (SPD-Chef Lars Klingbeil).
Das sind ziemlich viele „Solls“. Konkretes ist dagegen Mangelware. Ob die SPD unter den in Aussicht gestellten Strukturreformen nicht nur die Einbeziehung von Beamten ins Rentenrecht versteht, sondern auch eine längere Lebensarbeitszeit und die Zurückführung von Frühverrentungen, wird sich erst noch zeigen müssen. Die Koalition stellt der jungen Generation damit einen Wechsel auf die Zukunft aus – ob dieser auch gedeckt ist, wird sich allerdings erst nächstes Jahr herausstellen. Bis dahin können die 18 Abgeordneten der Jungen Union immerhin einen Achtungserfolg verbuchen: Sie haben der Schulden-Koalition, die ihre Wohltaten wie zum Beispiel Söders Mütterrente sofort verteilt, aber Reformen scheut wie die Katze das Vollbad, das Thema Zukunftssicherung ganz nach oben ins Aufgabenheft geschrieben.
Fürs Erste gerettet scheint damit die Merz-Koalition am Rande des Nervenzusammenbruchs. Zu hoffen wäre, dass dem Kanzler, seinem Fraktionschef Jens Spahn und Kanzleramtsminister Thorsten Frei künftig weniger handwerkliche und kommunikative Fehler unterlaufen als bei der Richterinnenwahl und dem Rentenzoff. Doch das Grundproblem bleibt: Die Deutschen haben bei der Bundestagswahl Mitte-Rechts gewählt und Mitte-Links bekommen. Das schürt Unzufriedenheit bei Wählern und Abgeordneten. Dass die SPD-Spitze jetzt ein Mitgliederbegehren gegen die vereinbarte (Mini-)Reform des Bürgergelds zulassen musste, zeigt, wie klein der Spielraum ist, den ihr die Parteilinke lässt. Mit jeder weiteren Demütigung des großen Koalitionspartners Union aber wächst die Entfremdung zwischen den Volksparteien und das Risiko eines Koalitionsbruchs. GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET