Großdemos gegen AfD-Jugend

von Redaktion

„Alexander Eichwald“ bei seiner Rede vor der AfD-Jugend in Gießen. © x

Jean-Pascal Hohm (28) ist Chef der neuen AfD-Jugendorganisation. © Andreas Arnold/dpa

Vermummte AfD-Gegner blockieren eine Straße in der Gießener Umgebung. © Lando Hass/dpa

Gießen – Draußen große Proteste, im Saal weitgehend Einigkeit: In Gießen hat sich die neue AfD-Jugendorganisation als „Generation Deutschland (GD)“ gegründet. Mehrere Zehntausend Gegendemonstranten versammelten sich in der mittelhessischen Stadt, nicht alle protestierten friedlich. An einigen Orten gab es gewalttätige Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei. Diese setzte mehrmals Wasserwerfer ein und verhinderte, dass der Versammlungsort gestürmt wurde.

Bis zu 15 verletzte Beamte wurden gezählt. Das Uniklinikum Gießen-Marburg sprach außerdem von rund 15 leicht verletzten Demonstranten. Zudem machten Protestierer aus dem linken Spektrum Stimmung gegen Journalisten, die Polizei musste unter anderem ein „Bild“-Team schützen. Die Proteste begannen schon am frühen Morgen. Aktivisten blockierten mehrere Straßen in der Umgebung. Das Treffen begann mit zweistündiger Verspätung, weil viele der rund 1000 Teilnehmer nicht bis 10 Uhr in die Messehallen durchgekommen waren. Auch die AfD-Chefs Alice Weidel und Tino Chrupalla verspäteten sich. Sie kritisierten die Blockaden scharf.

Die Junge Alternative hatte sich im Frühjahr aufgelöst, nachdem sich die AfD von ihr getrennt hatte. Die nun neue Generation Deutschland soll nach Angaben von AfD-Chefin Weidel vor allem fähigen Nachwuchs für die Mutterpartei hervorbringen, auch mit Blick auf die Landtagswahlen im nächsten Jahr in Sachsen-Anhalt und Mecklenburg-Vorpommern, wo die Partei nach Umfragen erstmals in Regierungsverantwortung kommen könnte. Dann müssten viele Posten besetzt werden. „Also das ist eine Kaderschmiede für die Regierungsverantwortung“, sagte Weidel.

Mitglied in der neuen AfD-Jugendorganisation kann in der Regel nur noch sein, wer auch schon in der AfD ist. Verstöße gegen Regeln oder Fehlverhalten können somit geahndet werden, bis hin zum Parteiausschluss. Die Organisation soll für alle AfD-Mitglieder unter 36 offen sein.

Nach Weidels Angaben wurde der AfD-Bundestagsabgeordnete Julian Schmidt „zusammengeschlagen“. Er bestätigte einen Angriff. Er sei auf einem Parkplatz von rund 20 Leuten angegriffen worden. Blaue und rote Flecken auf Nase und Jochbein seien Folgen des Angriffs. Die Polizei sagte, ein Abgeordneter sei verletzt und ein mutmaßlicher Täter festgenommen worden.

Tausende Polizisten aus 15 Bundesländern waren im Einsatz, einer der größten Polizeieinsätze in der Geschichte Hessens. Dies auch, weil vorab Gewaltaufrufe aus der linken Szene kursierten. Gießen hat 92 000 Einwohner. Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kritisierte die Gewalt scharf. „Sie werden heute Abend Fernsehbilder aus Gießen sehen, die alles andere als erfreulich sind, eine Auseinandersetzung zwischen ganz links und ganz rechts“, sagte Merz. „Ich möchte, dass wir in der politischen Mitte unseres Landes zeigen, dass wir Probleme lösen können.“

Zum Vorsitzenden wurde mit Jean-Pascal Hohm ein Rechtsaußen-Vertreter der Partei gewählt. Der 28-Jährige aus Cottbus gehört dem als gesichert rechtsextremistisch eingestuften brandenburgischen Landesverband an und setzte sich in seiner Bewerbungsrede zum Ziel, die deutsche Heimat „vor dem Niedergang zu bewahren“. Hohm bekam 90,4 Prozent. Gegenkandidaten gab es nicht.

Für Wirbel sorgte ein Auftritt eines Redners unter dem Namen „Alexander Eichwald“, der mit fuchtelndem Zeigefinger und rollendem R eine Rede hielt, die offenbar bewusst an Adolf Hitler und Joseph Goebbels erinnern sollte. „Egal ob linker Provokateur, V-Mann oder einfach verrückt – wer so auftritt, hat in der AfD und ihrer Jugendorganisation nichts verloren“, sagte der neue Chef Hohm. „Eichwald“ scheiterte mit einer Bewerbung um einen Posten im Vorstand. Unklar ist, ob es sich um eine provokative Satire-Aktion handelte. Die AfD will die Hintergründe nun ermitteln und eventuell einen Parteiausschluss einleiten.

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