Salut und Säbel auf Schloss Windsor

von Redaktion

Das volle Programm: Steinmeier mit König Charles in Windsor. © Von Jutrczenka/dpa

London/Windsor – Kleine Geschenke erhalten nicht nur die Freundschaft, sondern schützen manchmal auch vor Nässe. Sollte König Charles III. nicht schon einen Regenschirm besitzen, so gibt es seit gestern ein besonders schönes Exemplar. Denn neben diversen anderen Präsenten – vom Nussknacker aus dem Erzgebirge bis zur Weihnachtsschallplatte – hat Frank-Walter Steinmeier ihm einen Stockschirm mit Perlbambusgriff aus einer renommierten Bremer Manufaktur mitgebracht. Ein besonderes Modell, das vor Jahrzehnten schon in der Serie „Mit Schirm, Charme und Melone“ Verwendung fand. Very british, aber auch very german.

Es ist ein Staatsbesuch mit vielen symbolischen Gesten, größeren und kleineren. Das Königshaus hat dazu das volle protokollarische Programm aufgefahren. Begrüßt wurden der Bundespräsident und Ehefrau Elke Büdenbender gestern am Flughafen Heathrow von Prinz William und dessen Ehefrau Kate, ehe es zu Schloss Windsor ging, wo Charles und Königin Camilla mit einer Kutsche auf sie warteten. Es gab 41 Schüsse Salut, Nationalhymnen durch ein Regimentsmusikkorps, am Abend ein Bankett mit allem Prunk. Die Nacht verbrachten die Gäste im Schloss.

Steinmeier spricht von einer „doppelten Symbolik“, die dieser Reise zugrunde liegt. Er erwidert mit diesem Staatsbesuch, dem ersten eines Bundespräsidenten seit Roman Herzog vor 27 Jahren, die Reise von Charles im März 2023, noch vor dessen offizieller Inthronisation. Der König, der über seinen Vater Prinz Philip familiäre Verbindungen nach Deutschland hat, sprach damals im Bundestag, der Bundespräsident nun heute im Parlament in Westminster. Die Pflege der deutsch-britischen Freundschaft, in den ersten Jahren nach dem Brexit „nicht immer einfach“ (Steinmeier), ist das eine Hauptmotiv dieser Reise.

Das andere ist der Blick zurück. „Versöhnung und Gedenken“ werden vor allem den morgigen Tag prägen, wenn Steinmeier nach Coventry reist. Vor 85 Jahren wurde die Stadt von deutschen Luftangriffen schwer getroffen. Tausende starben, die Kathedrale der Stadt wurde fast vollständig zerstört. Der Gast aus Berlin wird hier Soldaten beider Nationen treffen.

Aktuell haben die zwei Länder mit ganz ähnlichen Problemen zu kämpfen. Eine lahmende Wirtschaft, gewaltige Herausforderungen durch Migration und allgemein eine polarisierte Gesellschaft, die vor allem von rechts (AfD, Reform UK) unter Druck geraten ist. Die Gesellschaft wieder zusammenzuführen, ist dies- und jenseits des Ärmelkanals ein großes Thema. Die Deutschen haben sich von den Briten dazu eine Initiative zum Ehrenamt abgeschaut („The big helpout“), die Charles zu seiner Krönung eingeführt hat und die in Deutschland im Mai kommenden Jahres ihre Premiere erleben wird.

Am Dienstag war Steinmeier noch mal im Park von Schloss Bellevue und hat den Baum besucht, den er vor zweieinhalb Jahren gemeinsam mit Charles gepflanzt hat. Eine Esche, die nach den Härten des Brexits ein Zeichen dafür sein sollte, dass neues, kräftiges Wachstum möglich ist. Und, siehe da: „Sie wächst und gedeiht.“

Noch so ein Akt der Symbolik, wie so viele auf dieser Reise, die nach schwierigen Jahren die Gemeinsamkeiten wieder hervorheben soll. Dazu passt auch das gestrige Geschenk der Briten an Steinmeier. Im Gegenzug zum Stockschirm erhielt der Bundespräsident von Charles einen Wanderstock.

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