Mit Prinzessin Kate: Sebastian Roloff beim Bankett in Schloss Windsor – heute muss er wieder in den Bundestag. © AFP
München – Die Koalition von Union und SPD muss heute einmal mehr einen schwierigen Moment hinter sich bringen. Im Bundestag wird über das Rentengesetz abgestimmt, das die Junge Gruppe von CDU und CSU auf die Barrikaden getrieben hat. Scheitert es, wackelt auch der Kanzler. Bayerns SPD-Chef Sebastian Roloff stimmt dafür – und reist extra aus London an.
Herr Roloff, Sie sind gerade mit dem Bundespräsidenten in London. Aber wir haben gehört, Sie müssen noch am Donnerstag zurück nach Berlin fliegen.
Ja, das stimmt. Wichtige Abstimmungen gehen vor. Als ich im November eingeladen wurde, in der Delegation mitzureisen, hatte ich noch gehofft, bis zum Ende dabeibleiben zu können. Seit Anfang der Woche ist aber klar, dass ich die Reise früher beenden muss.
Sie müssen zurück, um für das umstrittene Rentenpaket zu stimmen.
Das ist ein wichtiges Thema, ja. Aber auch zur Wehrdienstfrage steht eine wichtige Abstimmung an.
Bleiben wir bei der Rente. Weil das Rentenniveau über das Jahr 2031 hinaus höher sein soll als nach geltendem Recht, droht es Abweichler aus der Jungen Gruppe zu geben. Können Sie Ihr Gesetz nur durchbringen, weil sich die Linksfraktion enthalten will?
Das glaube ich nicht. Zum einen gehe ich davon aus, dass die Union ihre Reihen bis zum Freitag schließt. Außerdem braucht es auch keine absolute Kanzlermehrheit. Womöglich kranke oder verhinderte Kollegen aus der Opposition reduzieren somit noch einmal die nötige Zahl der Stimmen. Ich glaube, es wird gar nicht so knapp – egal, was die Linke macht.
Zwischenzeitlich sah es anders aus. Hat es die Junge Gruppe der Union mit ihrem Widerstand übertrieben?
Ich kann den Standpunkt der Jungen Gruppe inhaltlich nachvollziehen. Wir müssen natürlich darüber reden, wie wir die Rente in Zukunft aufstellen. Aber genau dazu haben wir eben die Rentenkommission vereinbart. Deshalb fand ich das Vorgehen der Jungen Gruppe tatsächlich übertrieben. Das Gesetz wurde vereinbart und vom Kabinett einstimmig beschlossen.
Aber es stand so nicht im Koalitionsvertrag.
Das wird unterschiedlich ausgelegt, ich finde aber schon. Es deckt sich jedenfalls mit unseren Vereinbarungen. Und dann kurz vor knapp sogar die Regierungsfähigkeit dagegen aufs Spiel zu setzen – ich find‘s zu viel.
Hat es Ihr Vertrauen in die Union gestört?
Das kommt auch darauf an, ob Jens Spahn die Reihen am Freitag schließen kann. Mein Vertrauen ist bislang nicht erschüttert, aber was ihre Zuverlässigkeit betrifft, könnte sich die Union – diplomatisch gesagt – schon noch verbessern. Es gab ja schon mehrere solche Situationen. Stichwort Kanzlerwahl, Stichwort Verfassungsrichterwahl – und wir haben immer gestanden, auch unter Schmerzen. Bei der Aussetzung des Familiennachzugs haben einige meiner Kollegen unter Tränen mitgestimmt. Aber wir haben uns an die Vereinbarung gehalten.
Ihre Parteichefin und Arbeitsministerin Bärbel Bas hat gerade die Arbeitgeber zum Gegner erklärt. Sie sind wirtschaftspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion. Wie finden Sie das?
Auch wenn heutzutage alles Gesagte auf allen Kanälen läuft: Ich würde eine Rede beim Juso-Bundeskongress nicht überbewerten. Zumal der Umgang mit unserer Arbeitsministerin beim Arbeitgebertag wirklich nicht in Ordnung war. Dort hat sie außerdem deutlich gesagt, dass sie beide Seiten berücksichtigt – Arbeitnehmer und Unternehmen. Das ist unsere Linie. Deshalb kann ich die ganze Aufregung nicht nachvollziehen. Mich hat jedenfalls niemand meiner Kontakte aus der Wirtschaft darauf angesprochen. Ich denke, die Sache ist jetzt auch erledigt. Es geht schließlich darum, die Wirtschaft gemeinsam wieder zu stabilisieren, und nicht um Befindlichkeiten.