Am Rande Europas: Diese Migranten leben auf der griechischen Insel Kreta in einer provisorischen Unterkunft. © dpa
Brüssel – Der größte Brocken, auf den sich die Innenminister der EU-Länder bei einem Treffen der europäischen Innenminister in Brüssel verständigt haben: die Verteilung im Rahmen des sogenannten Solidaritätsmechanismus. Die EU-Länder wollen innerhalb der Europäischen Union 21 000 Schutzsuchende umzusiedeln, um besonders unter Druck stehende EU-Staaten zu entlasten.
Zudem sollen weniger belastete EU-Länder im Rahmen des Solidaritätsmechanismus, der mit der europäischen Asylreform 2024 beschlossen wurde, 420 Millionen Euro bereitstellen – wobei die Beiträge miteinander verrechnet werden können. Auch andere Solidaritätsbeiträge wie Sachleistungen sind demnach möglich. Sowohl finanzielle Unterstützung als auch Sachleistungen könnten also von unterstützungspflichtigen EU-Staaten geleistet werden, die keine Flüchtlinge aufnehmen wollen.
Die Bundesrepublik kann sich nach einer Analyse von EU-Innenkommissar Magnus Brunner aber darauf berufen, dass sie sich bereits um sehr viele Asylbewerber kümmert, für die eigentlich andere EU-Staaten zuständig wären. Daher nimmt Deutschland nach Angaben der Bundesregierung keine zusätzlichen Asylbewerber auf. Auch finanzielle Hilfe wird die Bundesrepublik im kommenden Jahr nicht leisten, wie Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) sagte.
Einem Bericht zufolge haben Italien und Griechenland sich zudem bereiterklärt, Flüchtlinge aus Deutschland aufzunehmen, für die die beiden Mittelmeerstaaten nach den Dublin-Regeln zuständig gewesen wären. Diese sehen vor, dass das EU-Land die Flüchtlinge aufnehmen muss, in denen diese erstmals registriert wurden. „Wir haben uns mit Griechenland und Italien darauf verständigt, dass sie Migranten wieder zurücknehmen, die über ihre Länder die Europäische Union betreten haben“, zitierte „Bild“ den Innenminister, ohne Zahlen zu nennen.
Die EU-Staaten wollen zudem den Druck auf abgelehnte Asylbewerber erhöhen und Abschiebungen effizienter abwickeln. Dafür sollen Menschen ohne Bleiberecht neue Pflichten erhalten und Leistungskürzungen bei mangelnder Kooperation mit den Behörden hinnehmen müssen, wie die Mitgliedsländer mitteilten.
Abgelehnte Asylbewerber sollen dem Vorhaben nach etwa verpflichtet werden, aktiv an ihrer Rückführung mitzuwirken. Sollten sie etwa nicht unverzüglich nach einer Aufforderung Dokumente zu ihrer Identifikation vorlegen, müssen sie mit Strafen rechnen. Zudem sollen sie für die Behörden erreichbar bleiben. Bei einer Verweigerung der Zusammenarbeit drohen Konsequenzen – etwa die Kürzung von Leistungen oder ein längeres Einreiseverbot. Auch Haftstrafen sollen der Vorstellung der EU-Staaten nach in manchen Fällen möglich sein.
Allerdings: Zu diesem Vorhaben muss das EU-Parlament sich noch abschließend positionieren, bevor Verhandlungen beginnen können. Gleiches gilt für folgenden Punkt:
Auch Rückführungszentren in Drittstaaten außerhalb der EU sollen demnach durch die Verordnung möglich sein. In diesen sogenannten Return Hubs sollen ausreisepflichtige Asylbewerber landen, die nicht in ihre Heimat- oder Herkunftsländer abgeschoben werden können.
Bei der Auslagerung von Asylverfahren spielt das Konzept der sicheren Drittstaaten eine entscheidende Rolle. Es soll das europäische Asylsystem entlasten, indem Menschen in Nicht-EU-Länder abgeschoben werden, um dort ihr Asylverfahren abzuwarten. Die Festlegung würde auch die Einrichtung von sogenannten Rückführungszentren in Drittstaaten erleichtern. Dem Vorschlag der EU-Staaten nach könnte es zukünftig schon reichen, wenn ein Abkommen zwischen einem Mitgliedstaat und dem Drittstaat besteht. Schutzsuchende können demnach auch in Länder abgeschoben werden, in denen sie noch nie waren und zu denen sie keine familiäre, kulturelle oder sonstige Bindung haben. Ausgenommen davon sind unbegleitete Minderjährige.
Abschiebungen in die nordafrikanischen Länder Marokko, Tunesien und Ägypten sollen nach dem Willen der EU-Länder schneller gehen. Dafür sollen die Staaten zu sicheren Herkunftsländern erklärt werden. Das Kosovo, Kolumbien sowie die südasiatischen Staaten Indien und Bangladesch sollen demnach ebenfalls zur Liste hinzugefügt werden. Auch hier steht die Positionierung des EU-Parlaments noch aus. Grundsätzlich sollen auch Länder, die Kandidaten für einen EU-Beitritt sind, als sicher gelten. Dazu würden dann etwa Albanien, Montenegro oder die Türkei gehören.