KOMMENTARE

Europas Konter gegen Trump

von Redaktion

Nach US-Schmähschrift

Die Vance-Rede auf der Münchner Sicherheitskonferenz jagte noch Schockwellen durch Europa. Gemessen daran fallen die Reaktionen auf Trumps neue nationale Sicherheitsstrategie erstaunlich gelassen aus: Wie sich ein kräftiger Tritt in den Hintern anfühlt, wissen die Europäer inzwischen. Erschreckend ist es dennoch, wie die USA – nun auch in einem offiziellen Regierungsdokument – ihre ältesten und immer noch wichtigsten Verbündeten sehen und behandeln: Während Kritik am aggressiven Russland in dem neuen US-Strategiepapier nur noch in Spurenelementen vorkommt, wird die EU als ein von Meinungsdiktatur, abstürzenden Geburtenraten und „zivilisatorischer Auslöschung“ bedrohtes Gebilde beschrieben, das für die USA allenfalls noch insofern von Interesse ist, als Europa besser nicht in die Hände Chinas fallen solle.

Das ist die Zeitenwende 2.0, diesmal made in USA. Nicht alles ist falsch, nur weil Trump es sagt. Dass man es mit der Asylmigration übertrieben und sich damit selbst geschwächt hat, wissen heute auch die Europäer selbst. Das Gleiche gilt für die Verteidigung, die den Politikern lästig war, weil sie das Geld lieber in die Aufblähung ihrer Sozialetats steckten, um Wählerstimmen zu kaufen. Doch liegt er grob daneben, wenn er den Europäern rät, in einer von Haien wie ihm, Putin und Xi beherrschten Welt ihr Heil in neuer Kleinstaaterei zu suchen.

Richtig ist genau das Gegenteil. Deshalb ist es gut, dass der lange zerstrittene Kontinent in der Stunde der Bedrohung enger zusammenrückt. Das gestrige Treffen der Regierungschefs von Deutschland, Frankreich, Großbritannien und der Ukraine in London war auch ein Signal an Trump, dass Europa nicht bereit ist, seine Sicherheit russischen Eroberungsfantasien oder amerikanischen Geschäftsinteressen zu opfern. Es war ein Signal der Entschlossenheit an den US-Präsidenten, der Stärke doch so liebt. Dass der sich mal wieder enttäuscht von der fehlenden Kapitulationsbereitschaft der Ukraine zeigte, sollte die Europäer nicht entmutigen. Trumps Stern in seiner republikanischen Partei sinkt gerade so schnell wie seine Zustimmungswerte bei den Wählern. Und in der „Grand Old Party“ werden Stimmen wieder lauter, die warnen, dass die Amerikaner ohne europäische Verbündete im Titanenkampf mit China einpacken können.GEORG.ANASTASIADIS@OVB.NET

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