München – Dass Charlotte Knobloch auf dem Besucherrang im Landtag Platz genommen hat, hat einen besonderen Grund. Die 93-jährige Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde ist am Mittwoch ins Maximilianeum gekommen, um die Debatte über den gemeinsamen Antrag von CSU, Grünen, SPD und Freien Wählern zu verfolgen. Darin fordern die Parteien die Staatsregierung auf, das geplante Yad Vashem Education Center nach Bayern zu holen. Zu hören bekommt Knobloch auch einen Schlagabtausch mit der AfD, die als einzige Fraktion nicht an der Initiative beteiligt ist – von der am Ende aber doch drei Abgeordnete zustimmen.
Yad Vashem ist seit 1953 die zentrale Holocaustgedenkstätte der Welt. 2023 entstand die Initiative zu einem Yad Vashem Education Center in Deutschland – das erste außerhalb Israels. Wo genau die Bildungseinrichtung entsteht, wird im ersten Halbjahr 2026 entschieden. Dass Bayern sich gegen Mitbewerber wie NRW oder Sachsen durchsetzen will, macht nicht nur Ludwig Spaenle (CSU) klar, der in München gar den „einzig möglichen“ Standort sieht. Simone Strohmayr (SPD) spricht von einer „historischen Verantwortung“ und Gabriele Triebel (Grüne) von einer „Aufgabe, die größer ist als jede Regierung, jede Legislatur und jede Parteigrenze“.
Letzteres erweist sich zunächst als Trugschluss. Markus Walbrunn (AfD) beklagt eine „aus der Zeit gefallene Geste“, die „lediglich die alten Rituale“ pflege, statt Realitäten anzuerkennen, wonach die wahre Gefahr für jüdisches Leben heute von „linken Pali-Fans und Islamisten“ ausgehe – von „abertausendfach importiertem Antisemitismus“. Sein Ansatz: „Wir brauchen die Remigration aller dieser ausländischen Judenhasser.“ Hingegen stecke kein anderes Volk so viel Energie in die Aufarbeitung seines dunkelsten Kapitels wie das deutsche. „Ein Defizit, für dessen Korrektur man jetzt noch ausländische Expertise bräuchte, ist da nicht zu erkennen.“
Die Antwort von Michael Piazolo (Freie Wähler): „Diese Rede von gerade eben hat gezeigt, warum es dieses Center braucht.“
Die AfD-Fraktion ist diesmal aber kein monolithischer Block. Andreas Winhart, Ulrich Singer und Franz Bergmüller weichen von der Fraktionslinie ab und stimmen zu. Zudem fällt auf, dass Abgeordnete fehlen – und somit nicht mitstimmen. „Yad Vashem hat Weltruf, natürlich wollen wir es in Bayern haben“, begründet Abweichler Winhart seine Entscheidung auf dem Landtagsflur gegenüber unserer Zeitung. Zwar habe auch er Zweifel, ob es eine weitere Institution zur Aufarbeitung brauche, „es stört mich aber auch nicht“. Er glaubt auch, seine Fraktion wäre womöglich bereit gewesen, das „mehrheitlich mitzutragen“, wenn die anderen Parteien sie beteiligt hätten. Singer spricht zwar von einem „Schaufensterantrag“. Er finde den Grundgedanken aber richtig und habe deshalb zugestimmt.SEBASTIAN HORSCH