München – Diesmal gibt es keinen Eklat. Als Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) am Donnerstag den Landtag mit ihren Schlussworten in die Weihnachtspause entlässt, bleibt es vergleichsweise ruhig im Plenarsaal. Die AfD-Fraktion ruft hier und da ein bisschen dazwischen, wechselt spöttische Blicke, verschränkt die Arme und applaudiert natürlich fast nicht. Eine Eskalation bleibt aber aus.
Selbstverständlich ist das nicht. Denn noch im Sommer waren die traditionellen Schlussworte im Landtag in einer Art offener rhetorischer Feldschlacht geendet, nachdem die AfD ihr Rederecht als größte Oppositionspartei entgegen den Gepflogenheiten zur parteipolitischen Generalabrechnung genutzt hatte. Was zur Folge hatte, dass der Ältestenrat die jahrzehntelange Tradition ändern ließ. Erstmals kommt deshalb am Donnerstag nur noch die Landtagspräsidentin zu Wort. Die AfD-Rednerin aus dem Sommer, Fraktionschefin Katrin Ebner-Steiner, fehlt diesmal. Der vorderste Platz in den Reihen der AfD-Fraktion bleibt unbesetzt. Es ist wohl als eine Art stiller Protest gemeint.
Aigner hält eine präsidiale Rede, die allerdings nicht frei von Spitzen ist. „Über Jahrzehnte war es in diesem Haus möglich, die inhaltlichen Streitpunkte, die Schärfen aus den Debatten, die politische Rivalität für einen Moment beiseitezulassen“, blickt sie zurück. Dieses ungeschriebene Gesetz sei „in neuer Härte vor der Sommerpause – leider – aufgekündigt“ worden. „Ich will mich von dieser Härte selbst aber nicht hart machen lassen.“ Zudem fragt Aigner, ob es für Demokraten nicht selbstverständlich sein sollte, in einem rechtsstaatlichen Prozess nicht „von Staatsstreich“ zu sprechen, angesichts demokratisch legitimierter Mehrheiten nicht einen angeblich autoritären Staat zu erfinden, und „keine Gäste ins Hohe Haus zu holen, die über ,Scheindemokratie´ fabulieren und Repräsentanten der Demokratie beleidigen“? Gemeint ist die AfD.
Auch auf die Nähe zu Moskau, die der rechten Partei immer wieder vorgeworfen wird, spielt Aigner an, ohne deren Namen auszusprechen. In kaum einem Land könne man freier leben als hier, sagt die Landtagspräsidentin. „Andernorts werden tatsächlich Menschen unterdrückt, Oppositionelle verschleppt, gefoltert und ermordet – in Russland etwa.“ Da, so Aigner, „sollten einige mal prüfen, auf welcher Seite sie stehen“.
Aigner wünscht sich „weniger Provokation, weniger Gereiztheit und mehr Gelassenheit“. Beherztes Streiten – „aber mit Respekt“. Dafür gibt es am Ende langen Applaus. Allein aus Aigners Sicht ganz rechts im Saal blickt Aigner auf viele leere Plätze. Die anwesenden AfD-Abgeordneten haben den Saal überwiegend schnell verlassen. SEBASTIAN HORSCH