Kiew – Bei den Verhandlungen zu einer Beilegung des Ukraine-Kriegs sprechen sich die USA nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj für eine entmilitarisierte Sonderwirtschaftszone im Osten der Ukraine aus. „Sie stellen sich vor, dass die ukrainischen Streitkräfte das Gebiet der Region Donezk verlassen, und der vorgesehene Kompromiss besteht darin, dass russische Streitkräfte nicht in dieses Gebiet einmarschieren“, sagte Selenskyj am Donnerstag.
Wie Selenskyj erklärte, soll die russische Armee nach den Vorstellungen der USA nicht verpflichtet werden, sich aus den Regionen Donezk, Cherson und Saporischschja zurückzuziehen. Ein russischer Truppenrückzug aus den Regionen Dnipropetrowsk, Charkiw und Sumy sei aber vorgesehen.
Strittig in den Gesprächen mit den USA sind demnach insbesondere „das Gebiet der Region Donezk und alles, was damit zusammenhängt“ – sowie der künftige Status des derzeit unter russischer Kontrolle stehenden Atomkraftwerks Saporischschja. Darüber werde noch diskutiert. Die Ukraine kontrolliert aktuell noch etwa 30 Prozent der als Donbass bezeichneten ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk.
Aus Selenskyjs Sicht sollen die Ukrainer per Volksentscheid über jeglichen Kompromiss zum Territorium des Landes entscheiden. „Ich glaube, dass das ukrainische Volk diese Frage beantworten wird. Ob durch Wahlen oder ein Referendum, es muss eine Stellungnahme des ukrainischen Volkes erfolgen“, sagte Selenskyj.
Zuvor hatte die Ukraine der US-Regierung eine überarbeitete Fassung des Friedensplans übermittelt, die nach Angaben aus Kiew „die Sichtweise der Ukraine“ berücksichtigt. Demnach besteht die Ukraine auf eine Sollstärke der Armee von 800 000 Soldaten. „Das ist die reale Stärke der heutigen Armee, das ist mit den Militärs abgestimmt“, erklärte Selenskyj.
Selenskyj teilte am Donnerstag zudem mit, dass er auch mit mehreren US-Regierungsvertretern über mögliche Sicherheitsgarantien der USA beraten habe. Er sprach von einem „konstruktiven und ausführlichen Gespräch“. An dem Telefonat nahmen demnach US-Außenminister Marco Rubio, Pentagon-Chef Pete Hegseth, der US-Sondergesandte Steve Witkoff sowie der Schwiegersohn und Berater von US-Präsident Donald Trump, Jared Kushner, teil. „In naher Zukunft wird es ein klares Verständnis der Sicherheitsgarantien geben“, erklärte Selenskyj. Einzelheiten nannte er nicht.
Unterdessen haben am Donnerstag ukrainische Drohnenangriffe den Flugverkehr in Moskau zeitweise lahmgelegt. Die vier Moskauer Flughäfen Scheremetjewo, Domodedowo, Wnukowo und Schukowski mussten vorübergehend geschlossen werden, teilte die russische Luftfahrtbehörde mit. Das Verteidigungsministerium hatte den Abschuss von 287 ukrainischen Drohnen gemeldet. Es handelte sich um einen der größten nächtlichen Angriffe. Russischen Nachrichtenagenturen zufolge wurden hunderte Flüge gestrichen, verschoben oder umgeleitet.