In Freiheit: Maria Kolesnikowa auf einem Archivbild. © dpa
Minsk – Auf Drängen der USA hat in Belarus Machthaber Alexander Lukaschenko 123 politische Gegner nach jahrelanger Gefangenschaft in die Freiheit entlassen. Opposition und Menschenrechtler teilten mit, dass unter ihnen auch prominente Oppositionelle wie Maria Kolesnikowa, Viktor Babariko, Maxim Snak und der Friedensnobelpreisträger Ales Beljazki seien. Die belarussische Opposition im Exil in der EU sprach von „unglaublichen Neuigkeiten“ und einem Tag der Freude. Kolesnikowa und Babariko umarmten sich überglücklich lachend beim ersten Wiedersehen nach mehr als fünf Jahren.
Von einem „großen Glück“ sprach Kolesnikowa beim ersten Sonnenuntergang in Freiheit. „Dennoch denke ich natürlich an diejenigen, die noch nicht in Freiheit sind. Ich sehne den Moment herbei, dass wir uns alle umarmen können“, sagte die Bürgerrechtlerin, die viele Jahre in Stuttgart gelebt hatte. Kolesnikowa gehörte zu den Anführerinnen der Massenproteste nach der von beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020. Babariko sagte, sein Sohn sei noch in Gefangenschaft.
Die Freilassung sei im „Rahmen der mit US-Präsident Donald Trump getroffenen Vereinbarungen und auf dessen Bitte hin“ erfolgt, teilte Lukaschenkos Pressedienst in Minsk mit. Es gab zunächst keine offizielle Liste der Freigelassenen. In Belarus hielt sich den offiziellen Angaben nach eine US-Delegation unter Leitung von Trumps Gesandten John Coale auf. Die staatliche Nachrichtenagentur Belta meldete, Lukaschenko und Coale hätten am Freitag und Samstag verhandelt. Der US-Vertreter verkündete demnach selbst auch das Ende der Sanktionen gegen die Kalium-Produzenten des Landes. Lukaschenko erkaufte sich mit der Freilassung auch die Aufhebung von anderen Sanktionen, darunter gegen die staatliche Fluggesellschaft Belavia, die in der EU wie russische Linien auch Flugverbot hat. Der deutsche Außenminister Johann Wadephul zeigte sich erleichtert.
Das belarussische Menschenrechtszentrum „Wesna“ von Ales Beljazki veröffentlichte einzelne Namen freigelassener Gefangener, von denen neun direkt ins benachbarte Litauen „deportiert“ worden seien. Beljazki begrüßte in der Hauptstadt Vilnius die seit Jahren im Exil gegen Lukaschenko kämpfende Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja mit einer Umarmung. Deutschland will laut Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) Maria Kolesnikowa und Viktor Babariko aufnehmen.
Für die Angehörigen sei die Freilassung ein Moment der Erleichterung, sagte Tichanowskaja, die viele als Siegerin der Präsidentenwahl von 2020 gegen Lukaschenko sehen. Unter den Freigelassenen waren auch Journalisten. „Hunderte politische Gefangene verbleiben noch immer in den Gefängnissen in Belarus. Und bis nicht der Letzte in Freiheit ist, kann die Freude nicht vollkommen sein“, sagte sie. Sie hatte das Land wegen drohender Verurteilung verlassen.ULF MAUDER