Der Groll übers Verbrenner-Aus-Aus hat berechtigte Aspekte, ist aber leider auch ein Lehrstück über Populismus. Man achte ausnahmsweise auf Bayerns Wirtschaftsminister Aiwanger: In einer Tirade auf „die EU“ poltert er, der Wohlstand werde „ruiniert“, „zerstört“ durch solchen „Irrsinn“ – „armes Deutschland“. Ihm geht die Öffnung für Verbrenner nicht weit genug. Dumm nur, dass Aiwangers FW-Europaabgeordnete mitten drin sitzen in der „Renew“-Fraktion, die 2022/23 treibende Kraft fürs Verbrenner-Totalverbot war. Nicht mal intern setzten sich also seine Leute durch. Aiwanger selbst kümmerte sich kaum um Einfluss. Wann war er mal in Brüssel? Bei welchen Kommissaren wurde er je dafür vorstellig? Ach?
Luft holen, bitte. Die Verbrenner-Debatte eignet sich nämlich schlecht zur EU-Totalabrechnung oder plumpem Wut-Schüren auf „die“ Bürokraten, so verlockend das auch ist. Hier sind Europas Verantwortliche seit ihrer 180-Grad-Wende auf einem besseren Weg. Die 90-Prozent-Regel wird bedeuten, dass mindestens 20, 30 Prozent Verbrenner weiter verkauft werden, weit über 2035 hinaus. Bio-Kraftstoffe werden weiter gefasst, gleichzeitig wird E-Mobilität als wahrscheinlichste Zukunftstechnologie gestärkt. Man darf mehr fordern; aber all das sind gute Nachrichten für die schwer angeschlagenen Auto-Standorte.
Bei wichtigen Details ist nachzubessern. Unter anderem: Finger weg von starren Regeln für Dienstwagenflotten und für Leihwagen. Hier ist eine E-Auto-Pflicht falsch, Anreize wären besser. Tipp: Die Bundesregierung kann das über den Europäischen Rat stoppen. Kanzler Merz, der sich sehr differenziert zu den Verbrenner-Plänen äußert, hat das erkannt. Hausaufgabe der CSU: in Berlin hierzu eine klare Linie gegen die SPD durchsetzen.
Ja, an den EU-Strukturen, an von der Leyen, an der Kommission gibt’s sehr viel zu kritisieren. Aber wo sie in die richtige Richtung umkehrt oder dorthin gezwungen wird – wie bei Verbrenner, Lieferketten, Entwaldung –, hilft Radikalkritik nicht weiter. Nicht inhaltlich und erst recht nicht taktisch – das treibt bürgerliche Wähler an die radikalen Ränder.CHRISTIAN.DEUTSCHLAENDER@OVB.NET