Raubling – Wenn der Blumenschmuck für die Christmette besorgt werden muss – wer kümmert sich drum? Der Pfarrgemeinderat. Wenn für den Seniorennachmittag Kuchen, Kaffee und ein Fahrdienst zu organisieren sind – wer sorgt dafür? Der Pfarrgemeinderat. Wenn zu überlegen ist, wie das Seelsorgeteam zu entlasten ist und dennoch kirchliche Angebote bereitzuhalten sind – wer zerbricht sich den Kopf? Der Pfarrgemeinderat.
Man kann ohne Übertreibung sagen: Ohne die ehrenamtliche Tätigkeit der Pfarrgemeinderatsmitglieder geht nur wenig in den Kirchengemeinden. Und das beschränkt sich längst nicht nur mehr aufs Organisieren, Planen und Verwalten. Durch den Priestermangel kommt eine neue Aufgabe auf die engagierten Laien zu: Es gilt, die Vielfältigkeit des spirituellen Angebotes zu erhalten, zum Beispiel durch Gesprächskreise oder Einkehrtage. War das früher allein Sache des Pfarrers oder der pastoralen Mitarbeiter, werden heute Laien immer stärker einbezogen.
Entsprechend wichtig ist es, dass sich bei den Ende Februar anstehenden Pfarrgemeinderatswahlen wieder genügend Christen finden, die sich engagieren wollen. Werbung für die Sache machen dabei am besten die, die schon mit Überzeugung daran beteiligt sind. Deshalb versucht die Erzdiözese, die Pfarrgemeinderatsmitglieder zu unterstützen: Derzeit werden in allen Dekanaten Veranstaltungen zur Wahlvorbereitung durchgeführt. Bei denen geht es nicht zuletzt darum, dass die Pfarrgemeinderäte sich selbst wieder bewusst werden, was sie an ihrer Tätigkeit reizt.
Geld und Position spielen keine Rolle
Ein Grund, der beim Treffen im Raublinger Ortsteil Großholzhausen oft genannt wurde, war der, dass man sich für den Ort, in dem man lebt, engagieren will. Warum dann aber gerade im Pfarrgemeinderat? Natürlich ist es der Glauben, für den man aktiv einstehen möchte, aber daneben wird fast ebenso häufig noch eine andere Tatsache genannt: Die Mitglieder fühlen sich in diesem Gremium sehr wohl. „Es ist einfach schön“, sagt Karoline Fries aus Heufeld, „wenn es einen Ort gibt, an dem all das, was sonst so wichtig ist – Geld, Können Position, Profilierungskunst – nicht wirklich etwas zählt. Bei uns muss man nicht irgendwer oder irgendwas sein – hier reicht es, dass man Mensch ist“.
Zum Wohlfühlen gehört aber auch der Eindruck, dass das eigene Tun sinnvoll ist. Und da reicht es nicht, wenn man sich immer wieder vorsagen kann, dass die eigene Arbeit halt auch jemand tun muss. Man braucht vielmehr das Gefühl, dass man wirklich etwas ausrichten und etwas weiterbringen kann. Wie steht es denn damit? Bernhard Edlmann aus Raubling ist ein „alter Hase“ in dem Geschäft. Er sitzt seit 2002 im Pfarrgemeinderat, davon insgesamt elf Jahre als Pfarrgemeinderatsvorsitzender. Er sagt, dass man natürlich nicht permanent das Gefühl habe, als würde man mit seiner Tätigkeit zunächst die Pfarrgemeinde und im Anschluss dann die Welt verändern können. Vor allem aus Zeitgründen geht es auch in diesem Ehrenamt manchmal nur in Trippelschrittchen voran, wo man gern die ganz großen Würfe hätte. „Aber“, sagt er, und dieses Aber ist ihm wichtig, „vom Grundsatz her hat der Pfarrgemeinderat eigentlich eine ungeheure Freiheit bei der Ausgestaltung des Gemeindelebens: Was passieren wird, welche Aktionen es geben wird, welche Angebote man auf die Füße stellen wird – der eigenen Kreativität und der Unternehmungslust sind da keine Grenzen gesetzt“.
In der Hinsicht beneidet er fast ein bisschen diejenigen, die im Februar in diesem Amt neu anfangen werden. Sie hätten die Chance, sich die Art und Weise, wie sie zusammenarbeiten wollen und wo sie ihre Schwerpunkte setzen möchten, neu einzurichten. Und das in einer Zeit, in der die Rolle der Laien und Ehrenamtlichen in der Kirche auch auf ausdrücklichen Wunsch von ganz oben in der Diözese wesentlich gestärkt werden soll. An den Pfarrern jedenfalls soll ein neuer Schwung nicht scheitern. Das meint zumindest Pfarrer Claus Kebinger. Er war bei der Großholzhausener Veranstaltung bei jener Gruppe, die sich überlegte, welche Talente man denn gerne als Bereicherung im Pfarrgemeinderat hätte. Die erste Antwort darauf ist eigentlich einfach – es gibt nichts und niemand, den man nicht brauchen könnte und vor allem gerne auch jüngere Leute.
Nicht zuletzt deswegen nannte die Gruppe des Pfarrers als Wunschmitglieder wohl auch „Veränderer“. Auch „U-Boot-Christen“ schrieben sie auf ihre Liste, also jene, die eigentlich nur bisweilen zu hohen Festtagen in der Kirche auftauchen. Soll heißen: Man muss nicht zwangsweise bislang ein eifriger Kirchgänger gewesen sein, um sich im Pfarrgemeinderat zu engagieren. „Der Wunsch, aus seinem Glauben heraus ein bisschen mehr Nähe und Menschlichkeit in Dorf oder Stadt zu bringen, wäre schon viel“, sagt Pfarrer Kebinger.
Für all jene, die sich von dieser Idee auf unbestimmte Art angesprochen fühlen, gleichwohl aber gegen das eigene Gefühl viele vernünftige Gegenargumente haben: Für diese Gefühlslage hat die Theologie, wie Pfarrer Helmut Kraus, Dekan des Dekanates Inntal, erklärt, sogar einen Fachbegriff: „Prophetischen Einwand“ nenne man dieses Zaudern. Und er fügt schmunzelnd hinzu: „Das ist zumindest im Alten Testament fast so etwas wie ein Gütezeichen des Betreffenden.“