Aus dem Rosenheimer Gerichtssaal

Juristische Grauzone noch nicht geklärt

von Redaktion

Ein Parksünder weigerte sich in Rosenheim nach der sofortigen Begleichung seines „Knöllchens“, der zuständigen Politesse auch noch seine Personalien zu nennen. Dies sei eine Ordnungswidrigkeit gewesen, so die Staatsanwaltschaft. Richter Stefan Tillmann urteilte anders.

Rosenheim/Schechen – Der Schechener Unternehmer hatte seinen Firmenwagen in Rosenheim in der Salinstraße unberechtigterweise auf einem Parkplatz für Behinderte abgestellt. Als er zu seinem Fahrzeug zurückkam, fand er ein „Knöllchen“ vor. Bei der zuständigen Politesse zahlte er unverzüglich das geforderte Verwarnungsgeld in Höhe von 35 Euro. Als die Politesse aber auch seine Personaldaten wissen wollte, weigerte er sich, die Angaben zu machen.

„Egal ob das positiv oder negativ gesehen wird“, rief er bei der Verhandlung in den Gerichtssaal, „mich kennt in Rosenheim doch jeder“! Und weiter: „Meine Strafe hab ich bezahlt, denn ich bin dort unberechtigt gestanden. Da gibt’s keine Diskussion. Ein Abschleppwagen wurde nicht benötigt. Also wozu sollte die Politesse, die mich eh kennt, die mein Nummernschild notiert hat und der meine Firma, die auf dem Wagen groß zu lesen war, ebenfalls bekannt ist, meine Personaldaten benötigen? Man will mich hier durch die Behörde einfach nur schikanieren. Deshalb hab ich durch meinen Anwalt gegen die Ordnungsstrafe von 100 Euro Einspruch einlegen lassen.“

Die Politesse erklärte vor Gericht als Zeugin, dass ihr der Name des Angeklagten selbstverständlich bekannt sei. Da sie ihn aber vor diesem Vorfall nie persönlich kennengelernt habe, habe sie ihn damals auch nicht erkennen können. Außerdem sei sie durch die Stadtverwaltung gehalten, in Fällen bei denen der Abschleppdienst gerufen werde, die Personalien festzustellen damit die Kosten für den Abtransport, gegebenenfalls auch für eine Leerfahrt, wenn das betreffende Fahrzeug bereits weggefahren ist, dem Verursacher in Rechnung gestellt werden könnten.

Die Aufschrift auf dem Wagen hätte ihr zwar den Halter angezeigt, nicht aber den Fahrer, der die Ordnungswidrigkeit begangen hatte. Außerdem werde der Abschleppdienst nicht durch sie, sondern auf ihre Meldung hin über das Ordnungsamt durch die Polizei geordert.

Das wurde immer

so gehandhabt

Rechtsanwalt Wilhelm Graue, der Verteidiger des Parksünders, verwies darauf, dass sein Mandant niemals die Rechnung irgendeines Abschleppunternehmens erhalten habe. Offensichtlich sei die Anforderung rechtzeitig gestoppt worden und die Auskunft seines Mandanten damit ohnehin nicht mehr von Nöten gewesen.

Diese Aussage war für Richter Stefan Tillmann nicht ausreichend. Er wollte klären, ob eine hoheitliche Feststellung von Personalien durch eine Politesse zum Zwecke der Rechnungsstellung durch ein privates Unternehmen juristisch zulässig sei. Um den Sachverhalt rechtlich einwandfrei bewerten zu können, suchte er die Gesamtumstände aufzuklären. Damit begab er sich in eine juristische Grauzone. Man habe das in Rosenheim immer so gehandhabt, ohne dass jemals hinterfragt worden sei, ob dies juristisch auch einwandfrei ist. Eine solche Situation sei bislang höchstrichterlich nicht ent- und beschieden worden, stellte er fest.

Weil der Vorsitzende Richter einen solchen Ermittlungsaufwand, gemessen an dem Ordnungsgeld von 100 Euro, nicht für angemessen hielt, schlug er dem städtischen Ordnungsamt und der Staatsanwaltschaft, vor, die Klage einzustellen.

Das Ordnungsamt akzeptierte widerstrebend, nicht aber die Staatsanwaltschaft. Diese bestand auf einem Urteil. Das Amtsgericht wiederum bestand auf einer nachvollziehbaren Begründung für diese Weigerung. Und so wanderten die Akten hin und her – bis der Richter entschied, dass nur eine Einstellung des Verfahrens der Problemstellung gerecht werden könne. Durch alle Instanzen hindurch solle eine solche Frage bei einem schwerwiegenderen Fall betrieben werden, kündigte er an.

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