Raubling – Mit der Kindheit des 35-jährigen gebürtigen Prieners würde wohl niemand tauschen wollen. Die Mutter verließ die Familie, als der Bub garde einmal drei Jahre alt war. Aufgewachsen ist er in einem Kinderdorf, besuchte eine Förderschule, schaffte es aber trotz seiner Legasthenie eine Lehre als Konstruktionsmechaniker erfolgreich abzuschließen.
Bereits mit zehn Jahren hatte er seinen ersten Kontakt mit Alkohol, mit 14 wurde der Rausch zum ständigen Begleiter. Bis er dann mit 22 Jahren vollends dem Alkohol verfiel. An die 20-mal hatte er sich medizinischen Entgiftungen unterzogen, seine Trunksucht hatte ihn zudem mehrmals straffällig werden lassen. Er verlor seine Anstellung und versuchte sich, mit Gelegenheitsjobs durchzuschlagen.
Bereits 2015
verurteilt
Bereits 2015 wurde er bei einem Gerichtsverfahren in eine offene Therapie entlassen, allerdings auf Bewährung. Ab 2016 kam es jedoch immer wieder zu Rückfällen in seine Trunksucht. Besonders schlimm traf es ihn, als sich seine Lebensgefährtin, eine 33-jährige Verkäuferin, von ihm abwendete. „Einmal so und einmal so“, schilderte sie ihre Beziehung zu dem Angeklagten. Zusammen mit seiner Alkoholsucht habe sie dieser Zustand so zermürbt, dass sie letztlich Schluss gemacht habe.
Ein Schlussstrich, den der 35-Jährige jedoch nicht akzeptieren wollte. Am Abend des 10. Februars dieses Jahres, um dessen Folgen es bei der aktuellen Verhandlung ging, hatte sie Geburtstag. Er hatte sie in Raubling besucht, Getränke mitgebracht und wollte sie zurückgewinnen. Als sie ihm aber erklärte, dass das nicht möglich sei, habe er die mitgebrachten Getränke, zwei Flaschen Wein und ein Sixpack Bier, zum größten Teil selber getrunken. Als das nicht ausreichte, habe er noch einen ganzen Kasten Bier und eine weitere Flasche Wein besorgt, die er fast völlig konsumiert habe.
Schließlich habe er gebrüllt und ihre Wohnung verwüstet. Obwohl sie ihn mehrmals aufgefordert hatte, zu gehen, war er dazu nicht bereit. Schließlich habe er ein großes Fleischermesser genommen, die 33-Jährige beschimpft, beleidigt und schließlich mit dem Messer bedroht. Dabei habe sie aber weniger Angst um sich selbst gehabt, als davor, dass er selber sich verletzen könnte.
Die Nachbarn riefen wegen des Lärms schließlich die Polizei. Von den Beamten wurde er zunächst aus der Wohnung und auf die Straße geführt. Den dort ausgesprochenen Platzverweis ignoriert er jedoch. Gegen eine Festnahme zur Ausnüchterung hat er sich dann derart vehement zur Wehr gesetzt, dass zwei Beamte verletzt wurden und eine weitere Streifenbesatzung von Nöten war, um ihn zu fesseln und zur Wache zu bringen.
Angeklagter entschuldigt sich
Vor Gericht konnte sich der Angeklagte an vieles nicht mehr erinnern, räumte aber ein, dass das alles wohl seine Richtigkeit haben würde. Er entschuldigte sich auch bei allen Beteiligten.
Der Facharzt für forensische Psychiatrie, Rainer Gerth aus dem Inn-Salzach Klinikum in Gabersee, berichtete, dass ihm der Angeklagte seit Jahren bekannt sei. Die einzige Chance für diesen, seine Alkoholsucht in den Griff zu bekommen, sei eine intensive Langzeittherapie in der geschlossenen Abteilung.
Wegen des Widerrufs seiner Bewährung aus dem Jahr 2015 befindet er sich nun seit dem Vorfall im Februar bereits in der geschlossenen Abteilung des Inn-Salzach- Klinikums. Dabei könne er berichten, dass der Angeklagte inzwischen bei der Bewältigung seiner Probleme „mit macht“ und inzwischen sogar Unterbringungs-Lockerungen sich „quasi verdient“ hat. Mit einer weiteren Therapiedauer von acht bis zehn Monaten sei noch zu rechnen. Was die Tat selber beträfe, so könne man wegen der Alkoholisierung eine eingeschränkte Schuldfähigkeit nicht ausschließen.
Der Staatsanwalt stellte fest, dass es nicht mehr um die Schuldfrage gehe, diese sei wohl eindeutig. Es gelte nun das rechte Strafmaß zu finden. Wege der Bedrohung, Beleidigung und des Hausfriedensbruches und dessen Widerstandshandlungen, den Beleidigungen und den Körperverletzungen gegenüber der Polizisten forderte er eine Gesamtstrafe von 15 Monaten. Außerdem solle eine weitere Unterbringung in der geschlossenen Therapie veranlasst werden, wo sich der Angeklagte ohnehin befände und die auch, wie sich zeige, durchaus erfolgversprechend sei.
Rechtsanwalt Wolfgang Müller, der Verteidiger des 35-jährigen Angeklagten, hielt eine Haftstrafe von zwölf Monaten für ausreichend. Ebenfalls – das sei auch der Wunsch seines Mandanten – beantragte er die weitere Unterbringung in der Therapie. Die Vorsitzende Richterin Bärbel Höflinger verurteilte den Mann letztlich zu 13 Monaten Haft, die er weiterhin in der geschlossenen Therapie verbringen soll.