Söchtenau – Die beiden Pfosten, so argumentieren die Eheleute S., deren Grundstück der schmale, gemeindeeigene Weg gewissermaßen durchschneidet, verwehren die Zufahrt zu ihren Garagen, die vor rund 50 Jahren auf dem Grundstück errichtet worden sind. Den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Entfernung der Pfosten hatte das Gericht mangels Eilbedürftigkeit bereits im November in mündlicher Verhandlung zurückgewiesen (wir berichteten). Das Hauptsacheverfahren steht noch aus.
Das Gebaren der Gemeinde, die im September dort bereits zum zweiten Mal zwei Pfosten angebracht hat, bezeichnet das Ehepaar dabei ganz klar als „Schikane“. Wobei der Auslöser die Auseinandersetzung um den Carport sein dürfte, den sie vor Jahren im südlichen Bereich des Grundstücks errichtet haben.
Für Söchtenaus Bürgermeister Sebastian Forstner stellt sich der Sachverhalt etwas anders dar. „Dieser Weg war nie eine offizielle Zufahrt“, betont er. Bereits 1998, also unter seinem Vorgänger, sei für den Bereich ein Bebauungsplan aufgestellt worden, der eine andere Situierung der Garagen vorsehe. Neu gebaut worden sei vor einigen Jahren lediglich das Wohnhaus, die alten Garagen aber blieben stehen.
Auch das Angebot der Gemeinde, den nicht gewidmeten Grundstücksstreifen gegen einen Grünstreifen entlang der Innthaler Straße zu tauschen und damit die Kuh vom Eis zu bringen, habe die Familie S. in der Vergangenheit abgelehnt und ihrerseits stattdessen eine Fläche im Außenbereich ins Spiel gebracht; die Offerte seitens der Gemeinde stehe aber nach wie vor. S. wiederum führt ins Feld, die Gemeinde habe ihrerseits einen Tausch abgelehnt. Ein Verkauf des schmalen Wegestreifens, der nunmehr Fußgängern und Radfahrern vorbehalten ist, kommt für den Bürgermeister unterdessen nicht in Frage.
Ohnehin, ergänzt Forstner, sei die erste Sperrung des Weges, den in der Vergangenheit auch die benachbarten Landwirte mit ihren Fahrzeugen genutzt hätten, von der Familie S. ausgegangen; sie habe unter anderem versucht, den Durchgangsverkehr an ihrem Wohnhaus vorbei mit parkenden Autos und abgelagertem Baumaterial zu behindern.
Knackpunkt
Notwegerecht
Dem wiederum widersprechen die Eheleute entschieden: „Wir haben den Weg nicht zugeparkt.“ Für Fußgänger und Radler sei jederzeit genügend Platz gewesen; nicht aber für Bulldogs, wie sie einräumen.
Bürgermeister Forstner unterdessen legt noch nach: Das dreieckige Grundstück von S. sei von zwei Seiten aus erschlossen, wobei man seiner Auffassung nach im nördlichen Bereich durchaus noch Stellplätze anlegen könnte. Dies sei trotz des Höhensprungs im Gelände möglich. Die Familie S. könne bis auf vier Meter an ihr Haus heranfahren. Die Forderung nach einem Notwegerecht sei seiner Meinung nach also nicht gerechtfertigt.
Genau darauf aber zielt der Rosenheimer Rechtsanwalt der Familie S., Adolf Friedel, ab. Das Wegstück, so seine Auffassung, „war schon immer offizielle Zufahrt“. Zudem gebe es „keinen vernünftigen Grund, den Anliegerverkehr dort nicht zuzulassen“. Dies, so Friedel, sei vielmehr ein „evidentes Bedürfnis“ der Familie S. „Doch der Gemeinde geht es ums Rechthaben.“
Bereits im Sommer 2015 hatte die Gemeinde den Weg mit Pollern ab- und Kraftfahrzeuge auf diese Weise ausgesperrt; diese Pfosten, so Forstner, wurden nach einem Ortstermin auf Anraten des Verwaltungsgerichts Ende 2016 aber wieder entfernt.
„Wir mussten eineinhalb Jahre an der Straße parken“, schildern die Eheleute S. rückblickend. Während dieser Zeit habe die Gemeinde zudem sukzessive elf Halteverbotsschilder entlang der Innthaler Straße aufgestellt und sie so quasi ausgesperrt.
Die Schilder, hält Forstner dagegen, waren nötig, um das Durchkommen des Schulbusses zu gewährleisten; auch der RVO sei deswegen bei ihm vorstellig geworden.
Nach entsprechender Ankündigung hat die Gemeinde dann im vergangenen September erneut Pfosten an den beiden Enden des Weges angebracht, der jetzt wieder nur noch von Fußgängern und Radlern benutzt werden darf. Über die Rechtmäßigkeit der Absperrung wird das Landgericht Traunstein befinden.
Die Familie S. unterdessen bringt noch einen ganz anderen Aspekt ins Spiel: Was, so fragen sie sich, kosten die Halteverbotsschilder, die Pfosten, die angebracht und wieder entfernt wurden, die neuen Pfosten, Anwalt und Gerichtsverfahren?