Schiffleutbruderschaft Neubeuern

Wechsel am Ruderbaum

von Redaktion

„Nahui in Gotts Nam“: Mit diesem Ruf der Innschifffahrtsleut beim Ablegen ihrer Schiffe begrüßte Vorsitzender Michael Konrad die rund 120 Mitglieder der Bruderschaft zum 396. Jahrtag beim Vornberger in Altenbeuern. Mit einer besonderen Laudatio wurde Pfarrer Josef Reuder, Chronist der Schiffleut, verabschiedet.

Neubeuern – Aus Neubeuern, Nußdorf und Wasserburg waren sie zum Gottesdienst in die Pfarrkirche gekommen. Der Kirchenchor umrahmte die kirchliche Feier mit der Messe bréve no. 7 in C von Charles Gounod. Michael Konrad, seit neun Jahren am Ruderbaum, ehrte Sebastian Heibler mit einer musikalischen Weise, aufgespielt von der Musikgruppe ‚Fünferlei‘, zu seinem 80. Geburtstag und dankte ihm für über drei Jahrzehnte Mitwirken in der Vorstandschaft.

Ihren Platz am Ruder wechselten einige Vorstandsmitglieder, um das Fahrwasser von einer anderen Warte aus zu prüfen. So übertrug der Zweite Vorsitzende, Sebastian Paul, seine Aufgaben an Schriftführerin Juliane Tiefenmooser. Diese gab wiederum ihre Federführung an Sebastian Paul ab und Alois Pichler besetzt nun das Amt des Beisitzers, seine bisherige Kassenprüfertätigkeit übt jetzt Bürgermeister Hans Nowak aus.

Pfarrer Joseph Reuder legte nun seine Aufgaben als Vereins-Chronist nieder. Reinhard Käsinger, Lehrer und Chronist der Schule Schloss Neubeuern, wird die Herausforderung übernehmen.

Als „Phänomen Neubeuern“ bezeichnete Michael Konrad die Aufgeschlossenheit des Ortes, Menschen mit besonderen Talenten, die der Zufall oder der Herrgott gewiesen hat, eine wahre Heimat zu geben. „Herr Pfarrer, sie sind ein Teil dieses Phänomens Neubeuern“, betonte Michael Konrad und erklärte: „Durch ihre Begabung und harte Arbeit konnten sie als Münchner Kindl uns Neubeurern neue Impulse geben. Sie haben mit ihrer einzigartig barocken Gottesdienstgestaltung und dem akribischen Erforschen der Ortsgeschichte bei vielen Neubeurern das Interesse an vergangene Zeiten geweckt. Als Chronist der Schiffleutbruderschaft ermöglichten sie zur 1200-Jahr-Feier eine Schiffstruhenausstellung im Pfarrhof, riefen 1992 einen historischen Arbeitskreis ins Leben, wirkten an zwei Festabenden zum 370. und 375. Gründungsjubiläum mit und an der Errichtung des Innschifffahrtsmuseums, schrieben für das Buch ‚Innschifffahrt-Schiffleut, Schiffreiter, Bruderschaften‘ ein Kapitel, hielten viele aufschlussreiche Vorträge, veranstalteten zwei historisch wertvolle Ortsführungen und errichteten eine historische Tafel über die Marktplatzgeschichte im Durchgang des Pfarrstadels.“ An den „Chronisten-Papst“ richtete Michael Konrad die herzliche Bitte, die Bruderschaft weiterhin tatkräftig zu unterstützen und ihr treu zu bleiben.

„Etwas überzogen“ kommentierte Pfarrer Reuder die Laudatio. „Ich habe Spaß am Recherchieren der Geschichte, weil man dabei Wesentliches über den Ort und dessen Bürger erfährt.“ Zur rechten Zeit müsse man schauen, dass die Verantwortung in die richtigen Hände übergeht. „Ämter sollte man abgeben, bevor man den Sargdeckel dazu wieder aufmachen muss“, so der scheidende Pfarrer.

19 Briefe gerettet

In die richtigen Hände gelangten in letzter Minute 19 antiquare Bruderschaftsbriefe, die beim Ausräumen zur Sanierung des Pfarrhofes zurückgeblieben sind. Über deren professionelle Restauration berichtete Juliane Tiefenmooser in ihrem letzten Tätigkeitsbericht. Von Stockflecken gereinigt und geglättet, erhielten die Mitgliedsattestationen aus der Zeit von 1820 bis 1840 zum Schutz eine säurefreie Aufbewahrungsmappe.

Historisch relevant erwies sich auch der Besuch der Vorstandschaft bei Mitglied Günter Ellmerer, der seit Jahrzehnten Zeitungsartikel, Fotos und Aufzeichnungen archiviert und der ‚Lebensader Inn‘ einen ganz besonderen Stellenwert einräumt. „Das Bewahren wirtschaftlicher, religiöser und sozialer Gemeinschaft in der Bruderschaft“, würdigte Bürgermeister Hans Nowak: „Ich richte meinen Dank an die Vorstandschaft, die sich für den Erhalt der Geschichte, deren Gedenken und Weiterführung einsetzt.“

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