Raubling – Es sind Aussagen, die wohl keine Kommune gerne hört: Immense Defizite aus städtebaulicher Sicht liegen nach Einschätzung der Regierung es von Oberbayern in der Gemeinde Raubling vor. Daher sei nach Ansicht der Behörde dringend notwendig, bestehende Missstände aufzudecken und zu beseitigen.
Aussagen, die sich der Gemeinderat zu Herzen genommen hat – und denen das Gremium auf den Grund gehen will. So hatten die Gemeinderatsmitglieder Mitte 2017 beschlossen, sich der Problematik über das sogenannte integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (ISEK) zu nähern (wir berichteten).
Im ersten Schritt hatte sich dazu das vom Rat beauftragte Unternehmen Salm & Stegen, Experte im Bereich Städteplanung, einen groben Überblick über den Ist-Zustand der gesamten Kommune verschafft. In zwei Teilbereichen, in denen die Experten dringenden Handlungsbedarf vermuten, soll nun ein nächster Schritt – eine detailliertere Untersuchung – in Angriff genommen werden. Darauf hat sich der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung geeinigt.
So soll für den Ortsteil Pfraundorf auf Wunsch des Gemeinderats eine sogenannte „Vorbereitende Untersuchung (VU)“ in die Wege geleitet werden. Diese soll dann für Klarheit darüber sorgen, ob in dem Bereich die Notwendigkeit städtebaulicher Sanierungsmaßnahmen gegeben sind. Zudem soll – als etwas grobere Prüfung – für die Ortsmitte Raubling eine Untersuchung eingeleitet werden, um „vertiefende Kenntnisse über die städtebaulichen, wirtschaftlichen, sozialen und verkehrlichen Verhältnisse und Zusammenhänge zu erlangen“, wie Dr. Rafael Stegen vom Planungsbüro erörterte.
Massive Kritik an
den Ausführungen
„Trockene Ausführungen“, für die sich Stegen mehrfach entschuldigte, die dem Experten aber auch massive Kritik einbrachten. „Das sind mir schon arg viele Wortwolken“, kommentierte Alexandra Burgmaier (SPD) die Ausführungen Stegens und bat – vor allem in Hinblick auf die zahlreichen Zuhörer im Sitzungssaal – deutlich zu machen, „dass es hier nicht darum geht, wie die Gebiete nachverdichtet werden können.“
Der SPD-Sprecherin kam bei den Erklärungen Stegens zu wenig rüber, dass es für die Kommune in erster Linie darum gehe, „Defizite der Gemeinde aufzudecken und sich das Wissen der Fachleuchte zu Nutze zu machen.“
Paul Vodermaier junior (CSU) zeigte sich im Hinblick auf die ersten sechs Monate, in denen die Gemeinde mit ISEK beschäftigt ist, ernüchtert. Hatte er doch Konzepte erwartet, wie beispielsweise die Verkehrssituation in Pfraundorf entspannt werden könnte. „Dem Ortsteil nützt es nichts, wenn die Bewohner Zuschüsse für neue Fassaden bekommen, sondern wenn die Verkehrsproblematik gelöst wird“, übte das CSU-Ratsmitglied Kritik an Stegens Ausführungen, der unter anderem staatliche Finanzmittel zur Sanierung von Häuserfronten als kleinen Teilbeitrag zu einer positiven Entwicklung des Ortsteils ins Gespräch gebracht hatte.
„Was wird denn eigentlich bei den weitere Schritten genau untersucht?“, wollte Vodermaier letztlich wissen, der auf Stegens Antwort – „Das weiß ich auch nicht. Das kommt darauf an, was dann in der Ausschreibung formuliert wird“ – sichtlich genervt antwortete: „Dann weiß ich auch nicht, ob wir eine derartige Untersuchung brauchen.“
Zumal diese pro Gebiet zwischen 15000 und 30000 Euro kosten wird, wovon 40 Prozent die Gemeinde tragen muss. Nachdem die Kosten aber erst fällig werden, wenn die fertige Ausschreibung der Leistungen zur Vergabe an ein Planungsbüro vom Gemeinderat abgesegnet wird, stimmte das Gremium letztlich dafür, die Verwaltung die Vorbereitungen dazu treffen zu lassen.
Vorkaufsrecht bei Grundstücken
Für Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger (CSU) der richtige Schritt. Denn auch wenn sich viele Ratsmitglieder mit den unterschiedlichen Untersuchungsebenen und der ergebnisoffenen Arbeit noch nicht anfreunden können, glaubt der Bürgermeister daran, dass die Gemeinde dadurch die Weichen für eine erfolgreiche Zukunft stellen kann. „Wir brauchen einfach ein Konzept, um unsere städtebaulichen Missstände zu beheben“, so der Bürgermeister, während Stegen davon sprach, „dadurch eine Linie in die gesamte Ortsentwicklung zu bringen.“
Ortszentrum mit Nebeneffekt
Ebenso wenig verschweigen wollte Bürgermeister Olaf Kalsperger, dass die Entscheidung in puncto Ortszentrum einen wertvollen Nebeneffekt hat. Denn sollte die vertiefende Untersuchung im Bereich Rathaus sowie östlich und westlich des Bahnhofs nicht nur vorbereitet, sondern dann auch in Angriff genommen werden, dann hätte die Kommune ein Vorkaufsrecht auf angebotene Grundstücke. „Das ist nicht der Hauptgrund, weshalb wir diesen Weg gehen, aber auch ein wichtiger Aspekt“, bestätigte der Rathauschef gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. Wobei er betonte, dass es für Verkäufer keine Nachteile gäbe. „Wir haben zwar das Vorkaufsrecht, müssen aber den Betrag zahlen, den ein anderer Interessent bietet.“