Großkarolinenfeld – Das Thema Straßenausbaubeiträge brennt den Großkarolinenfeldern unter den Nägeln. Angesichts der aktuellen Diskussionen über die Abschaffung der Beiträge kocht das Problem hoch. Die Landtagsfraktion der Freien Wähler treibt derzeit ein Volksbegehren voran, die CSU hat ebenfalls ein Ende beschlossen. In Großkarolinenfeld stehen in nächster Zeit einige Straßenbaumaßnahmen an – viele Bürger könnten dabei zur Kasse gebeten werden.
Grund genug für Bürgermeister Bernd Fessler, über das Thema zu informieren und mit einigen Missverständnissen aufzuräumen. Daher hat er einen entsprechenden Tagesordnungspunkt kurzfristig auf das Programm der vergangenen Gemeinderatssitzung gesetzt. Bei den Bürgern fand das großen Anklang. So viele Zuhörer hat man im Sitzungssaal selten gesehen.
In einer ausführlichen Präsentation stellte der Bürgermeister die allgemeine Situation und den Fall in Großkarolinenfeld dar. Gleich zu Beginn klärte er die Begriffe: Bei den Straßenausbaubeiträgen handelt es sich um Verbesserungs- oder Erneuerungsmaßnahmen einer bereits erstmalig hergestellten Straße. Die Ankündigungen von Freien Wählern und CSU beziehen sich darauf.
Bei Erschließungsbeiträgen geht es um Maßnahmen, um eine Straße erstmalig nach dem Standard des Erschließungsbeitragsrechtes herzustellen. Die in Großkarolinenfeld-Süd anstehenden Straßen fallen darunter. Hier bezahlen die Anwohner 90 Prozent der Kosten. Beim Straßenausbaurecht dagegen richtet sich die Höhe nach der Klassifikation der Straße – die Bürger zahlen in der Regel weniger.
Bislang, so der Bürgermeister, habe es keine Verpflichtung gegeben, Straßen nach Erschließungsbeitragsrecht herzustellen. In Großkarolinenfeld sei man damit gut gefahren, die Straßen verkehrssicher nutzbar zu machen. Allerdings habe man stets informiert, dass bei einer erstmaligen Erschließung erhebliche Kosten für die Anwohner anfallen würden.
Nun gab es 2016 eine Änderung des kommunalen Abgabengesetzes („KAG“). Die besagt, dass für Straßen, deren technische Erschließung 25 Jahre zurück liegt, die aber noch nicht endgültig hergestellt sind, keine Herstellungsbeiträge sondern nur noch Ausbaubeiträge erhoben werden können. Deswegen sind die Gemeinden nun bestrebt, diese Straßen bald auszubauen, um die Anwohner noch mit 90 Prozent abrechnen zu können. Wenn die Straßenausbaubeiträge jetzt aber gekippt werden, zahlen Bürger entweder 90 Prozent – oder gar nichts mehr.
Für die Kommunen ergeben sich da gleich mehrere Probleme. Zum einen sei es schwierig, zu unterscheiden, welche Straßen bislang schon nach der Straßenausbaubeitragssatzung („Strabs“) abzurechnen sind und welche erst mit der Änderung des KAG darunter fallen. Ebenso schwer sei es, den „Beginn der erstmaligen Herstellung“ zu definieren.
Finanzielle Auswirkungen
In Großkarolinenfeld habe man versucht, eine Aufstellung über die entsprechenden Straßen zu machen. Dabei zeigten sich die finanziellen Auswirkungen der Änderungen: Straßenmaßnahmen, die man in Großkarolinenfeld noch bis 2021 nach Erschließungsrecht abrechnen könnte, würden insgesamt rund 11,5 Millionen Euro kosten. Bei einer Anwohnerbeteiligung von 90 Prozent müsste die Kommune 1,1 Millionen Euro tragen. Bei einer Beteiligung nach „Strabs“ wären es hingegen knapp sechs Millionen. Wenn diese nun auch noch wegfiele, könnten die finanziellen verheerend sein, sagte Bürgermeister Fessler.
Seine Forderung daher: Bei einer Abschaffung der Straßenausbaubeiträge müsse der Freistaat einen finanziellen Ausgleich schaffen. Er bezeichnete es als nicht seriös, dem Bürger Vorteile zu offerieren, deren Gegenfinanzierung nicht geklärt sei. Ungerecht sei das auch den Bürgern gegenüber, die ihre Beiträge bisher bezahlt hätten.
Auch eine Deckung durch die Grundsteuer oder wiederkehrende Beiträge hält der Bürgermeister nicht für fair. Dann nämlich würden die Kosten nicht nur von den betroffenen Bürgern bezahlt, sondern auch von denen, die für ihre Straße vielleicht schon bezahlt haben.
In der anschließenden Diskussion der Gemeinderäte wurden die unterschiedlichen Positionen deutlich. „Wir haben doch eine hohe Einkommenssteuer, warum muss man da 90 Prozent berechnen“, fragte etwa Josef Lausch (PLW). Dr. Erwin Gutsmiedl (GBV) schlug vor, die Erschließung in Wendelsteinstraße und Co. zu stoppen und zu warten, wie sich die Lage entwickelt.
Emil Maier (SPD) betonte, dass auch der Beitrag der Gemeinde aus Steuergeldern finanziert werde – da müssten dann andere Projekte zurückgestellt werden. Seine Überzeugung, auch der Rathausneubau sei ja kein Luxus, sorgte allerdings für Gelächter unter den Kritikern des teurer gewordenen Vorhabens. Einverständnis fand die Wortmeldung von Roman Hörfurter (PLW). Das Problem sei, dass Wohnen insgesamt so teuer geworden sei. Denn grundsätzlich könne jeder verstehen, dass man sich an einer Zufahrt zu seinem Grundstück beteiligen müsse.