Die Gespräche an der SPD-Basis zur GroKo sind derzeit in vollem Gange. Auch im SPD-Ortsverein Kiefersfelden ging es in der Diskussion Pro oder Contra hoch her. Mit Burkhard Sunder (61), dem Vorsitzenden der SPD-Kiefersfelden, sprach die OVB-Heimatzeitung. Er ist seit 1975 SPD-Mitglied und seit 2014 Ortsvorsitzender. Aktuell hat der SPD-Ortsverband 43 Mitglieder.
Die Probe-Abstimmung ist in Kiefersfelden unentschieden ausgegangen. Ein Bild für ganz Deutschland?
Das Abstimmungsergebnis im Ortsverein spiegelt sicher auch ein wenig die Gemütslage innerhalb der Partei wider, erhebt aber schon wegen der viel zu kleinen Zahl der Abstimmenden in keiner Weise Anspruch auf eine repräsentative Aussagekraft. Ich glaube aber, dass innerhalb der Partei, bei 463000 stimmberechtigten Mitgliedern, die Zahl der Befürworter einer GroKo überwiegen wird. Das ist sicher keine „Bauchentscheidung“, sondern ein Handeln aus Vernunft und Verantwortung gegenüber unserer Gesellschaft. Die möglichen Parteiinteressen sind in diesem Falle der Verantwortung für unseren Staat unterzuordnen.
Was sind in ihren Augen die stärksten Argument Pro und Contra?
In den Sondierungsgesprächen und im Koalitionsvertrag sind viele sozialdemokratische Aspekte und Inhalte vereinbart worden, viele sprechen von einer „sozialdemokratischen“ Handschrift. Mir erscheint vor allem wichtig, dass wir zu einem paritätischen Beitrag in der gesetzlichen Krankenversicherung zurückfinden, dass die Befristung von Arbeitsverhältnissen drastisch eingedämmt wird, und dass wir uns verstärkt mit dem Thema Sicherheit im Alter und mit dem Thema Alterseinkommen (Rente) beschäftigen.
Die Investitionen in Bildung, Ganztagsschulen (Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder im Grundschulalter) und digitale Kompetenzen sind weiter wesentliche Elemente, die die Leistungsfähigkeit unserer Gesellschaft fördern werden. Leider hat man sich an das Thema einer weitreichenden Steuerreform nicht herangetraut, auch der lobenswerte Beschluss zur teilweisen Abschaffung des Solidaritätszuschlages ab 2021 ist in meinen Augen eher schwammig als ein großer Wurf.
Im Fazit muss man aber eindeutig sagen, dass der Koalitionsvertrag mehr Positiva als Negativa beinhaltet.
Wie kontern Sie die Kritik, dass wir ja eine repräsentative Demokratie haben und somit die Wählerbefragung der SPD eigentlich ein „No-Go“ ist?
Warum sollte das von der SPD gewählte Verfahren strittig sein, wenn selbst der Bundesgerichtshof Klagen gegen diesen Mitgliederentscheid nicht zulässt? Ich empfinde diese Art der Basisdemokratie als einen herausfordernden Meinungsbildungsprozess zur politischen Lage und Verantwortung. Wer außer der deutschen Sozialdemokratie traut sich zu einem solchen Schritt? Hier haben jetzt 463000 Mitglieder die Möglichkeit, über den Eintritt ihrer Partei in eine neue Regierung abzustimmen und mitzuentscheiden, ob die Umsetzung des eigenen Wahl-Programmes ausreichend Widerhall im vereinbarten Koalitionsvertrag gefunden hat.
Interview: Sigrid Knothe