Amerang – Laut Bürgermeister wird die Änderung zur Erhebung von Straßenausbaubeiträgen (Strabs) durch die 2016 geänderten rechtlichen Bestimmungen erheblich verschärft. Demnach gelten Straßen samt Gehwegen und Beleuchtung oder Spielplätze ab 1.Mai 2021 als erstmalig hergestellt, wenn der Beginn der Maßnahme länger als 25 Jahre zurückliegt, was unter dem Namen Fiktionsfrist läuft. Dies bedeute, dass diese Straßen, Spielplätze und Co. ab diesem Zeitpunkt dem Erschließungsbeitragsrecht entzogen sind und entsprechend der Straßenausbausatzung abgerechnet werden, sollte daran etwas verändert werden.
Sollte die Rechtsgrundlage für die Straßenausbaubeiträge allerdings entfallen, dann könnten von den Anliegern keine Beiträge erhoben werden. Neue Straße, Spielplätze und Co. würden also wie bisher zu 90 Prozent auf die angrenzenden Grundstücksbesitzer umgelegt, Straßenausbaubeiträge müssten dann erst einmal von der Gemeinde übernommen werden.
Die finanziellen Auswirkungen seien gewaltig. Als Beginn der Erschließung sind nach der Intention des Gesetzgebers zielgerichtete Maßnahmen wie die Errichtung eines ordnungsgemäßen Unterbaus, eine Entwässerungseinrichtung oder auch eine Straßenbeleuchtung zu verstehen. Aus Sicht des Bürgermeisters ist die Definition aber längst nicht so eindeutig und für die sieben Straßen im Gemeindegebiet, die in diese Rubrik fielen, brauche es umfangreiche Recherchemaßnahmen.
Die in früheren Zeiten bekannten „Staubfreimachungen“ dürften wahrscheinlich nicht als Maßnahmenbeginn einzustufen sein und deshalb auch keinen Fristbeginn auslösen. Letztlich sei jede Erschließungsanlage beitragsrechtlich gesondert zu beurteilen und keine generelle Einschätzung möglich. Im Hinblick auf die aktuelle Herstellung der beiden Erschließungsstraßen „Kindergartenweg“ und „Eichenweg“ werde ergänzend zur Stellungnahme durch das Landratsamt Rosenheim als Rechtsaufsicht eine fachanwaltliche Beratung beigezogen.
Im Ergebnis wurden die bisherigen Ermittlungen des Sachverhalts durch die Verwaltung bestätigt, wonach für beide Anlagen Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetz beziehungsweise der gemeindlichen Beitragssatzung zu erheben sind.
Sollten nun alle weiteren Straßenbaumaßnahmen zurückgestellt oder bis 2021 gebaut werden, was das Zeug hält? Keine leichte Entscheidung für die Mitglieder des Gemeinderats. Letztlich ginge es um viel Steuergeld und wenig Gerechtigkeit, denn viele Bürger hätten in den letzten Jahren ihre Straßenausbaubeiträge bezahlt. Zudem stelle sich die Frage der Gegenfinanzierung, fanden die Räte. In Aktionismus zu verfallen und die Erschließung aller betroffenen Straßen im Gemeindegebiet noch schnell zu bauen, ehe die Frist abläuft, hielten sie jedoch für falsch.
Allerdings sollte der Bergweg, über den bereits seit Jahren beraten werde, noch realisiert werden. Auch hier muss überprüft werden, ob die erstmalige Erschließung begonnen wurde. Asphaltdecke, Entwässerung und Beleuchtung seien vorhanden. Vor der Entwurfsplanung soll der beitragsrechtliche Status festgestellt und erst dann sollen die weiteren Schritte eingeleitet werden.