Rohrdorf – Für „Pamys“ Besitzerin, Elvira Schreib, sind diese Augenblicke Lohn genug für ihr ehrenamtliches Engagement beim Verein „Streichelbande“. Für „Pamy“ bedeutet ihre neue Aufgabe ein ganz neues Leben.
Blick zurück: Vor sechs Jahren fanden Tierschützer die kleine Pudelmix-Hündin mit den großen, dunklen Knopfaugen geschunden und halb verhungert in einem Wald in Bulgarien. Wie viel Leid sie in ihrem Leben erfahren musste, lässt sich nur erahnen. Ihre grenzenlose Liebe zu den Menschen hat sie aber trotzdem nicht verloren.
Die Rohrdorferin erinnert sich noch bestens an ihre erste Begegnung mit dem niedlichen Vierbeiner. Als ehemalige Polizeibeamtin hatte sie aufgrund einer gravierenden Hörminderung frühzeitig aus dem Berufsleben ausscheiden müssen und suchte zu dieser Zeit nach einem Seelentröster. In „Pamy“ fand sie ihn: „Es war Liebe auf den ersten Blick. Mit ihrer Sanftheit und ihrem unwiderstehlichen Charme hat sie mein Herz im Sturm erobert.“
„Pamy“ ist keine Hündin, die viele Kommandos oder sonstige Kunststücke beherrscht. Ihre Stärke liegt woanders. Eine zufällige Begegnung beim Gassigehen wurde für Elvira Schreib zum Schlüsselerlebnis. Eine Mutter mit ihrem Kind kam ihr entgegen. Der Bub war schwerstbehindert, konnte sich kaum bewegen und musste auf einem Rollbett geschoben werden. Die Mutter erlaubte Elvira Schreib, dass sie sich dem Kind mit ihrer Hündin näherte: „Pamy schaute ihn mit ihrem sanften Hundeblick an und er begann zu lächeln“.
Schreib wertet es heute als „glücklichen Zufall“, dass genau an diesem Tag in den OVB-Heimatzeitungen ein Artikel über die „Streichelbande“ stand. Der gemeinnützige Verein wurde 2005 in München auf der Grundlage von Tierliebe und Fürsorge am Menschen ins Leben gerufen. Mittlerweile zählt er rund 200 Mitglieder. Mehr als die Hälfte von ihnen absolvieren mit ihren Vierbeinern monatlich rund 300 Besuche in Behinderteneinrichtungen, Seniorenheimen, Tagesstätten, Kindergärten, Schulen, Wohnheimen und auch immer wieder einmal bei einsamen Menschen zu Hause.
Im Landkreis Rosenheim ist die Rohrdorfer Hundebesitzerin allerdings die einzige, die als Mitglied der „Streichelbande“ Besuche macht.
Elvira Schreib besucht mit ihrer Hundedame schon seit einiger Zeit das Haus „Christophorus“, in dem die Caritas in Brannenburg Kinder und Jugendliche mit Behinderungen fördert und betreut.
Neu hinzugekommen zum Besuchsprogramm der kleinen „Pamy“ ist vor kurzem das Anthojo-Pflegeheim in Raubling. Egal wo die Hundedame auch „dienstlich“ auftaucht, ihre Besuche laufen immer nach dem gleichen Prinzip ab: Die Kontaktaufnahme von Mensch und Tier basiert auf beiderseitiger Freiwilligkeit. Die Hundehalterin beobachtet ihre Hündin stets aufmerksam. Beim kleinsten Anzeichen von Stress ist für sie Schluss. Dann geht es wieder nach Hause. Länger als eine Stunde Streicheln, Kraulen und Spielen mutet sie „Pamy“ grundsätzlich nicht zu.
„Pamy“ ist ein
gern gesehener Gast
auf vier Pfoten
Die Pflegekräfte achten ihrerseits genauso aufmerksam auf ihre Patienten. Tierischen Besuch bekommt nur, wer ihn wirklich will und auch nur so lange, wie es die körperliche und geistige Verfassung zulässt.
Generell ist „Pamy“ ein gern gesehener Gast. „Viele würden sie am liebsten für immer behalten“, schmunzelt ihr Frauchen. Auch Seniorin Berta schloss die kleine Hündin bei ihrem Besuch im Pflegeheim in Raubling bereits nach wenigen Augenblicken ins Herz. Immer wieder streichelte sie „Pamy“ liebevoll durch das weiche, kuschelige Fell und verwöhnte sie mit Leckerli. „Komm ganz bald wieder“, verabschiedete sie sich am Schluss von dem Tier.
Warum gerade kranke und alte Menschen so positiv auf die Begegnung mit Hunden reagieren, liegt nach Meinung von Ergotherapeutin Anna Löffler auf der Hand: „Hunde sind objektiv. Für sie sind alle Menschen gleich, egal ob sie krank oder gesund sind. Außerdem spiegeln sie gut ihr Gegenüber wieder“.
Im Gegensatz zu Therapiehunden brauchen Besuchshunde keine lange Ausbildung. Bevor sie für die „Streichelbande“ zum Einsatz kommen, müssen sie dennoch erst einmal einen Eignungstest unter tierärztlicher Aufsicht erfolgreich absolvieren. Der Vierbeiner soll sich weder durch Rollstühle, unkoordinierte Bewegungen, oder laute Stimmen aus der Ruhe bringen lassen.
„Pamy“ meisterte diesen Test mit Bravour. Darauf ist Elvira Schreib stolz: „‘Pamy‘ kann zwar keine Türen öffnen, dafür aber mit ihrem sanften Wesen viele Herzen.“
Mittlerweile ist die Hündin neun Jahre alt und ihr Ruhestand rückt näher. Darum gibt es im Hause Schreib inzwischen einen zweiten Hund, der einmal in ihre Fußstapfen treten soll. Denn zusammen mit ihrer Hündin hat Elvira Schreib auch für sich selbst eine Berufung gefunden. „Zu wissen, dass man etwas Wärme und Liebe in das Leben von anderen Menschen bringen kann, ist ein wunderschönes Gefühl, das ich nicht mehr missen will.“
Elvira Schreib will den „Besuchshundedienst“ in der Stadt und im Landkreis Rosenheim gern ausweiten. Dafür sucht sie Gleichgesinnte. Wer Interesse an dieser Art des ehrenamtlichen Engagements hat, darf sich gern bei ihr melden, Telefon 08032/ 1882008.