Mutter-Kind-Heim in Halfing:

Ein halbes Jahrhundert Geborgenheit

von Redaktion

Dass ein Zuhause, in dem man sich geborgen fühlt, zu den wichtigsten Dingen des Lebens gehört, werden fast alle Menschen unterschreiben. Ein Zuhause, wie es beispielsweise die Halfinger Familie Kochendörfer in Schwierigkeiten geratenen Müttern mit ihren Kindern seit einem halben Jahrhundert bietet.

Halfing – „Von allen Kostbarkeiten, die wir besitzen, ist der Mensch die wertvoll-ste!“ Diesem Motto hatte sich Fritz-Dieter Kochendörfer, Vater der jetzigen Leiterin des Halfinger Mutter-Kind-Heims und Trägerin des Kind- und Familienzentrums „inklusiv-integrativ“, Silke Kochendörfer-Schneeweis, nach einem tragischen Unfall 1964 verschrieben (siehe Kasten). Und so entstand vier Jahre später in Halfing das erste Mutter-Kind-Heim. Heute bietet es – auf zwei Häuser verteilt – insgesamt 15 Müttern mit ihren Kindern Platz und Geborgenheit. Dass diese Aufgabe 24 Stunden Einsatzbereitschaft, auch am Wochenende oder an Feiertagen, bedeutet, ist für Kochendörfer-Schneeweis selbstverständlich.

50 Mitarbeiter in

den zwei Häusern

Silke Kochendörfer-Scheeweis, Diplom-Pädagogin und Sozialwirtin, will aber nicht über ihr persönliches Engagement reden, sondern will das Grundanliegen des Mutter-Kind-Heims und ihr Team in den Mittelpunkt rücken. 50 Jahre Mutter-Kind-Heim – dabei werde das karitative oftmals als selbstverständliches Ehrenamt angesehen, ergänzt Nina Bernhardt, Verhaltens- und Gesprächstherapeutin und zuständig für Öffentlichkeitsarbeit. Aber um diese Arbeit zu leisten, brauche es unterschiedlichste Dienstleister, so Kochendörfer-Schneeweis weiter.

In den beiden Häusern arbeiten rund 50 Mitarbeiter, darunter Kinderpflegerinnen, Erzieherinnen, Hauswirtschafterinnen, Sozialpädagoginnen und eine Diplom-Psychologin. „Wir haben sogar zwei Männer im Team, eigentlich drei, wenn man den Hausmeister noch dazunimmt.“ Einige der Mitarbeiter seien schon seit über 15 Jahren dabei: Ein schöner Beweis, dass dieses aufwendige Engagement auch Spaß und Freude bereitet.

Dabei ist die Arbeit auch anstrengend, bedeutet sie doch eine 24-Stunden-Vollbetreuung. Denn die Mütter, die ins Mutter-Kind-Heim kommen, brauchen Hilfestellungen – von der Geburtsvorbereitung über Erziehungsfragen und Hausaufgabenbetreuung der Kinder bis hin zur Schuldenberatung. Da tun sich Schicksale auf, denn es sind ja nicht nur die Kinder, sondern vielmehr die Mütter, die Hilfe und psychische Stabilisierung brauchen.

Diese hätten oftmals eine schwierige Kindheit und Jugend gehabt, in anderen Fällen kämen Kinder aus Pflegefamilien wieder zur Mutter zurück und würden im Mutter-Kind-Heim wieder die Annäherung lernen. Gemeinsames Spielen, Basteln oder Singen sind für viele der Heimbewohnerinnen eine ganz neue Erfahrung, aber auch die gemeinsam unternommene Ferienfahrt im Sommer zu Zielen quer durch Bayern.

Mama in Ausbildung,

Kind in der Krippe

Urlaub – auch für so manche Bewohnerin ein Novum. Aber, und da wird Silke Kochendörfer-Schneeweis bestimmt: „Die Mütter sollen hier nicht die Zeit absitzen“, erklärt sie. Im Gegenteil, „wir wollen ihnen den Weg für berufliche Perspektiven ebnen, auch mit Kind.“

Das heißt, dass die Mütter Praktika oder sogar Ausbildungen absolvieren, während ihre Kinder gut aufgehoben in der Krippe oder im Kindergarten sind. Und für die Kinderbetreuung hat sie vor zwei Jahren noch einmal viel Herzblut und Zeit investiert, musste sie doch ein neues Betreuungsangebot schaffen.

Ihre Eltern hatten den ersten Halfinger Kindergarten aufgebaut und ein Betreuungskonzept im Sinne der Inklusion entwickelt. Aber aufgrund einer Entscheidung des Gemeinderats musste sie im September 2016 die Trägerschaft „Haus für Kinder“ abgeben. Und so schuf sie eine neue Betreuungseinrichtung: das Halfinger Kind- und Familienzentrum (KiFaZi) mit 48 Betreuungsplätzen öffnete einen Monat später seine Pforten.

Inzwischen ist das Haus auf 70 Plätze ausgeweitet und mit seinen bunt gestalteten und lichtdurchfluteten Räumen ein wahres Kinderparadies. Und nicht nur das: Auch Hortkinder bis zu 14 Jahren werden hier betreut. Kochendörfer-Schneeweis‘ soziales Engagement wurde mehr oder weniger zeitgleich mit der Aufnahme ins Bundesprogramm KitaPlus honoriert, mit dem seit 2016 zukunftsfähige Konzepte für bedarfsgerechte Betreuungszeiten finanziell und tatkräftig unterstützt werden.

Mit Öffnungszeiten Montag bis Freitag von 6.30 bis 18.30 Uhr und samstags nochmals von 6.30 bis 13 Uhr „ermöglichen wir den Eltern ein hohes Maß an Flexibilität“, so Kochendörfer-Schneeweis weiter. Dass der Staat hier finanziell und beratend unterstützt, wissen die beiden Damen sehr zu schätzen, und loben die gute Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, der Heimaufsicht und den überregionalen Kliniken.

Auch in Halfing und Umgebung werde das soziale Engagement gewürdigt, sei es durch Sach- und Geldspenden oder beruflichen Angeboten. Um die Arbeit im Mutter-Kind-Heim und im KiFaZi aufrechtzuerhalten, denn es soll ja weitergehen, ganz im Sinne von Fritz-Dieter Kochendörfer: „Von allen Kostbarkeiten, die wir besitzen, ist der Mensch die wertvollste!“

Sommerfest am 7. Juli

Der Selbstmord einer Freundin eines Wohninsassen in einem „seiner“ Wohnheime war die Initialzündung für Fritz-Dieter Kochendörfer. Zusammen mit seiner Frau Gisela gründete er 1968 das erste Mutter-Kind-Heim in Halfing. Im Haus Brüningsau, bot das Ehepaar Hilfe und Raum für werdende Mütter und Frauen mit Kindern, die in persönliche oder soziale Schwierigkeiten geraten waren. Zwischenzeitlich gab es vier Häuser, heute sind es „nur“ noch zwei, die derzeit insgesamt 15 Familien Platz bieten. Seit 2004 führt Tochter Silke Kochendörfer-Schneeweis die karitative Einrichtung. Anlässlich des 50-jährigen Bestehens wird rund um das Jahr gefeiert: Am Samstag, 7. Juli, steigt das große Sommerfest mit Bewirtung und Einlagen der örtlichen Vereine. Am Freitag, 12. Oktober, findet zudem ein Fachtag mit verschiedenen Referenten für Fachkräfte und Interessierte in Halfing statt. Zum Advent gibt es dann außerdem einen Weihnachtsbasar. elk

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