Raublinger Tafel blickt zurück

Immer freitags geht’s rund

von Redaktion

Für Gitti Baumann ist es ihr Traumberuf, für die inzwischen 26 ehrenamtlichen Helfer ein enormes freiwilliges Engagement. Sie alle sind von einem Gedanken beseelt: „Wir wollen mit unserer Arbeit etwas Gutes tun.“ Gitti Baumann ist Leiterin der Raublinger Tafel und von Anfang an dabei.

Raubling – Immer freitags von 12.30 bis 14 Uhr ist Hochbetrieb an der Bahnhofstraße 6 in Raubling. Dann können Bedürftige kommen und sich aus den angebotenen Lebensmitteln und Hygieneartikeln etwas nehmen. 50 Cent sind zu berappen, Familien zahlen einen Euro. „Das ist wichtig, kostenlos ist auch bei uns nichts“, sagt Baumann. Und sie räumt gleich mit Vorurteilen auf und erklärt die fixen Spielregeln: „Wer zum ersten Mal zu uns kommt, muss seinen Ausweis und den Bescheid vorlegen. Daraus muss hervorgehen, dass er zum berechtigten Empfängerkreis gehört.“ So muss diese Person im Gemeindegebiet leben, Hartz IV beziehen oder Rentner mit schmalen Bezügen sein. Und immer wieder dabei: Witwen im Seniorenalter. Das sei, so sagt die Leiterin der Raublinger Tafel, über all die Jahre gleich geblieben: Ältere Frauen mit einem sehr schmalen Geldbeutel. Diese hätten in ihrem Leben die Kinder erzogen, den Haushalt geführt, das Häuschen abbezahlt. Aber eben nie erwerbsmäßig gearbeitet. „Das rächt sich nun. Nach dem Tod des Mannes stehen sie oft mit einer sehr spärlichen Rente da und kommen kaum über die Runden.“

Baumann und ihre neun Helfer und 15 Helferinnen prüfen auch deshalb so genau, weil es natürlich immer wieder Leute gibt, die versuchen, an mehreren „Tafeln“ vorbeizuschauen. „Das wollen wir natürlich verhindern.“ Alles müsse korrekt und transparent sein, sonst gebe es schnell Ärger.

Im Landkreis gibt es derzeit elf „Tafeln“, die unterschiedlich organisiert sind und verschiedene Organisationen – in Raubling ist es das Rote Kreuz – im Hintergrund haben. „Wir tauschen uns untereinander aus und geben unsere Erfahrungen weiter“, sagt die Raublinger Tafelleiterin. Das sei wichtig, vor allem auch deshalb, um sich nicht bei den Firmen, von denen die Lebensmittel-Spenden kommen, in die Quere zu kommen.

Den Startschuss zur Raublinger Tafel hat vor ziemlich genau zehn Jahren, exakt am 28. März 2008, der ehemalige Raublinger Bürgermeister und spätere Landrat Josef Neiderhell gegeben. „Taten sind mehr als Worte“, so habe er damals gesagt. Jetzt, zehn Jahre später, blickte er im Rahmen einer kleinen Jubiläumsfeier auf die Anfänge zurück und freute sich über die positive Resonanz im damaligen Gemeinderat und bei den Spendern. „Ich bin sehr glücklich, dass die Tafel in Raubling seit zehn Jahren läuft und sich kein Raublinger Bürger scheuen muss, das Angebot in Anspruch zu nehmen.“

In den vergangenen zehn Jahren konnte sich das Tafel-Team des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) auf mittlerweile mehr als 30 Firmen verlassen, die die Tafel durch ihre regelmäßigen Spenden an Lebensmitteln, Hygieneartikeln und Geldzuwendungen unterstützen.

Supermärkte und Bäckereien spenden

Regelmäßig werden Bäckereien und Supermärkte am Donnerstag angefahren, um vor allem Obst und Gemüse, also schnell verderbliche Ware, abzuholen. Denn Ware, die der Optik nicht mehr entspricht, wird vom Handel aussortiert. Aber auch Brot, Toast und Joghurt bekommen die Helfer. „Leider sind selten Nudeln, Reis oder Konserven dabei, das bedauern wir“, sagt die Leiterin. Doch sie ist dankbar für jede Spende. Denn schließlich müssten ja auch die Unternehmen jede Spende zuvor finanziert haben.

Helle Freude komme bei ihren Freitag-Stammkunden auf, wenn es einmal Kaffee oder Blumen gibt. „Das ist wirklich eine seltene Ausnahme. Doch die Leute freuen sich riesig.“

Von den Hygieneartikeln dürfen sich die Kunden nur einen Artikel aussuchen: Zahnpasta, Seife, Shampoo, Waschmittel. „Leider haben wir keine Kosmetika. Ein Lippenstift wäre schon manchmal schön“, bedauert Baumann.

Aktuell kommen im Schnitt 64 Haushalte, also rund 104 Personen, zur Tafel in der Bahnhofstraße. In Ausnahmefällen werden gehbehinderte oder kranke Kunden auch beliefert. „Das ist zwar ein enormer zusätzlicher logistischer Aufwand – schließlich muss jede Kiste extra gepackt werden – aber er ist gerechtfertigt“, findet die Leiterin der Tafel. Allein in einem Ortsteil seien das im Schnitt 20 bis 30 Haushalte. Deshalb sucht sie verstärkt junge Fahrer, die den altgedienten Kräften unter die Arme greifen können. Denn das Durchschnittsalter der Ehrenamtlichen liege zwischen 65 und 75 Jahre, wobei etliche jenseits der 80 sind. „Über eine Verjüngung würden wir uns freuen.“

Dass die Helfer trotz ihrer stattlichen Anzahl von Lenzen hoch motiviert und engagiert dabei sind, freut nicht nur Gitti Baumann, sondern auch den Initiator Josef Neiderhell oder Raublings Bürgermeister Olaf Kalsperger. Dieser bedankte sich bei der Feier bei Ehrenamtlichen und Firmen und meinte: „Wir feiern nicht, dass wir die Tafel Raubling seit zehn Jahre brauchen, aber wir feiern, dass wir die Tafel Raubling zehn Jahre haben.“

Hilfe in Zahlen

104 aktuell unterstützte Personen, davon 32 Kinder, insgesamt 31546 ehrenamtlich geleistete Stunden, bisher 538 Öffnungstage, an denen 1213 Stunden ehrenamtliche Arbeit verrichtet wurde. „Gerne würden wir noch gezielter helfen“, sagt Baumann. Doch der Datenschutz! „Seit die Sozialbescheide nicht mehr über die Gemeinden laufen, haben wir keinerlei Informationen mehr. Jetzt ist alles anonym.“ Das sei einerseits gut, aber wenn es konkret um Hilfe geht, sei das schade.ske/re

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