Verein Silberstreifen: Langjährige Vorsitzende Barbara Pömsl verabschiedet

Stets im Dienst der kranken Kinder

von Redaktion

Silberstreifen, der Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, neurologisch kranken Kindern samt ihren Eltern schnell und unbürokratisch zu helfen, hat eine neue Vorstandschaft. Barbara Pömsl, Vorsitzende und Frau der ersten Stunde, verlässt nach 19 Jahren den Verein. Die Führung übernimmt Sabine Kuhn.

Vogtareuth – Barbara Pömsl steckt nach 19 Jahren Einsatz für ihren Verein voller Geschichten. Doch die, an die sie sich zuerst erinnert, sind jene, die in irgendeiner Weise ein Markstein für den Verein waren. Wie zum Beispiel die Geschichte von dem jungen Vater, der sich rührend um seinen Sohn kümmerte, der in der Vogtareuther Klinik im Wachkoma lag. Irgendwann fiel dem Klinikpersonal aber auf, dass der Vater, wenn er in der Früh in die Klinik kam, immer ziemlich ungepflegt wirkte, sich erst im Laufe des Tages allmählich „herrichtete“. Schließlich fragte man ihn dann halt doch, was mit ihm los sei. Worauf er gestand, dass er seit fünf Wochen im Auto übernachte. Eine Pension könne er sich nicht leisten.

Dieser Vorfall war der letzte Anstoß für den Verein, um für solche Fälle eigene Wohnungen anzumieten. Schließlich sind die Kinder ja oft monatelang in der Klinik. Mit dem Gedanken geliebäugelt hatte Pömsl schon lange. Dass dafür Bedarf war, wusste sie als Mutter einer Tochter, die auch lange in Behandlung gewesen war, nur zu gut. Sie wollte aber keine der Einrichtungen, die sie selber kennengelernt hatte: mit Gemeinschaftsküchen und Gemeinschaftsaufenthaltsräumen. Sie wollte eine Umgebung, die den Angehörigen des kranken Kindes wenigstens ein Stück Normalität bieten sollte: Eigene vier Wände, in denen man sich geben konnte, wie man war.

Viele Einzelspender, viele Firmenspenden

Natürlich braucht es für Aktionen wie das dauerhafte Anmieten eigener Wohnungen Geld – viel Geld. Pömsl sagt, dass sie das große Glück hatten, dass sich von Anfang an nicht nur viele großherzige Einzelspender fanden, sondern auch Firmen, die den Verein über Jahre hinweg unterstützten und unterstützen. Ein Grund für diese Beständigkeit, so die scheidende Vorsitzende, liege vielleicht auch in der Tatsache, dass sich der Verein zeigt: „Man darf nicht nur die Spenden einstreichen. Man muss auch danach vor Ort sein, sich und den Verein präsentieren und sagen, wofür das gespendete Geld verwendet wird.“ Und auch hier hat sie natürlich viele Geschichten zu erzählen. Etwa die von einer Spendenaktion der Chiemsee-Thermen. Dort wurden Massagen zu sehr günstigen Preisen angeboten – der Erlös sollte gespendet werden. Natürlich waren Pömsl und die neue Vorsitzende Sabine Kuhn auch bei diesem Termin dabei – hatten aber wohl die falsche Bekleidung gewählt. Denn während alle anderen in Bikini und Badehose herumsaßen, lief den beiden in ihrer Straßenkleidung das Wasser nur so herunter.

Wenn es schon nicht immer leicht ist, das Geld einzusammeln, so ist es oft noch schwerer, es richtig auszugeben. Seit Jahren finanziert der Verein neben Kunst- und Hippotherapie auch die Hundetherapie an der Schön-Klinik. Diese wird oft eingesetzt in dem Bemühen, Kinder die im Wachkoma liegen, langsam wieder zurückzuholen. Nicht selten war Pömsl bei den Therapiesitzungen dabei. Sie bekam dadurch hautnah mit, wie sich Eltern und Therapeuten freuten, weil sie sich sicher waren, eine Reaktion des Kindes, und sei es nur ein Wimpernschlag, erkannt zu haben. Sie wünschte sich innig, es wäre so, war sich aber nie wirklich sicher, ob am Ende hier nicht der Wunsch stärker war als die Realität.

Eines Tages aber war sie anwesend, als ein Mädchen therapiert wurde, das schon langsam auf dem Weg war, aus dem Koma herauszukommen. Seit Langem hofften Angehörige und Mediziner, sie würde als Zeichen des Aufwachens die Hände öffnen, die sie immer zu Fäusten geballt hatte – doch zunächst vergebens. Da kam der Hundeführer auf die Idee, dem Mädchen einen Hundekuchen in die Faust zu stecken. Der Hund holte sich zunächst ganz vorsichtig die Leckerei, legte sie ab und begann dann die Faust des Kindes abzuschlecken, die sich daraufhin ganz langsam öffnete. „Von da an“, sagt Pömsl, „wusste ich, dass jeder Cent, den man in die Hundetherapie gesteckt hat, richtig ausgegeben war.“

Nachfolgerin seit

2009 im Verein

Natürlich stellt sich die Frage, wie der Verein ohne Pömsl zurechtkommen wird. Für sie selbst ist das keine Frage. Sie ist davon überzeugt, dass ihre Nachfolgerin Kuhn mit ihrem neuen Team den Verein bruchlos und erfolgreich weiterführen wird. Sicher, es sind große Schuhe, in die Sabine Kuhn nun steigen muss. Doch sie ist auch schon lange mit Pömsl mitgelaufen: Seit 2009 ist sie im Verein, seit 2013 hat sie die Kasse geführt und war in dieser Funktion die engste Mitarbeiterin der Vorsitzenden.

Fragt man die neue Chefin, worin sie ihre wichtigste Aufgabe für die Zukunft sieht, ist ihre Antwort eindeutig: Kontinuität wahren, den Verein auch weiterhin in die Lage versetzen, allen Familien, die wegen ihres kranken Kindes in eine Notlage geraten sind, schnell und unbürokratisch zu helfen, ohne dabei die langfristigen Projekte wie Kunst-, Hunde- oder Pferdetherapie vernachlässigen zu müssen. Hat sie neben dieser pragmatischen Sicht denn gar keinen Extrawunsch? „Doch“, sagt sie. Dem Therapiepferd Merlin würde sie in diesem Jahr gern noch ein kleines Pony hinzugesellen. Das wäre ideal für die Therapie mit jüngeren Kindern. Und – als Nebeneffekt – hätte Merlin auch etwas Gesellschaft.

Mit oder ohne Pony: Man darf davon ausgehen, dass der Verein auch in Zukunft dem Lob gerecht wird, das ihm der Leiter der Neuropädiatrie in Vogtareuth, Professor Martin Staudt, bei der Jahreshauptversammlung spendete: „Ohne den Silberstreifen“, so sagte er, „wäre die Neuropädiatrie nicht funktionsfähig“.

Artikel 11 von 11