Aschau – „Ich weiß nicht, ob es so einen Panoramablick für Spieler und Zuschauer bei einem Fußballspiel nochmals gibt.“ Tobias Prankl (32), bislang Kassier des WSV Aschau, steht am Rande des Fußballfelds an der Aschauer Schützenstraße und richtet seinen Blick in Richtung Kampenwand und auf das Schloss Hohenaschau, das sich nur wenige Hundert Meter entfernt auftürmt. Doch es sind nicht die an diesem Tag aufziehenden Gewitterwolken, die auf das Gesicht des designierten Vereinsvorsitzenden plötzlich einen Schatten werfen. Es ist das Bürgerbegehren gegen die geplante Aschauer Sporthalle, das beim 32-Jährigen tiefe Sorgenfalten auslöst.
Denn sollte beim drohenden Bürgerentscheid, den die Initiatoren Georg Westenthanner, Dieter Gut und Christa Clarin erreichen wollen und der sich gegen die hohen Kosten der Sporthalle richtet, die Mehrheit der Bürger gegen den Bau in der derzeitigen Planung stimmen, sieht der Aschauer und seine Vorstandskollegen den Forbestand des WSV in seiner jetzigen Form gefährdet.
Denn mit dem Abriss der Turnhalle stehen zahlreiche Räumlichkeiten, die ein Teil der sieben WSV-Abteilungen dringend benötigen, vor dem Aus. So nutzt die Fußballabteilung seit Jahren ehemalige Teile des Hallenbads in der Turnhalle als Duschen und Kabinen. Eine baufällige Holzhütte, die einst als Übergangslösung für Kinderbetreuung genutzt worden war, fungiert als Vereinsheim, das WSV-Mitglieder in Eigenregie ausgebaut und verschönert haben. Doch auch diese Hütte wird nach Ansicht der Vereinsführung dem Hallenneubau weichen müssen.
Außenkabinen für
den Spielbetrieb
Für Prankl und seine WSV-Mitstreiter eigentlich kein Problem – denn in den Planungen, die vom Gemeinderat mehrfach abgesegnet wurden, sind alle Räume und Einrichtungen enthalten, die der mit 1200 Mitgliedern größte Verein der Gemeinde benötigt. Das Problem: Würden die Initiatoren des Bürgerbegehrens mit ihrer Forderung nach einer „rein funktionalen 2,5-fach Sporthalle“ die Mehrheit der Bürger auf ihre Seite ziehen, müssten die WSV-Fußballer beispielsweise auf die dringend für den Spielbetrieb benötigten Außenkabinen verzichten. Ganz zu schweigen von Vereinsräumen, die ebenfalls aus der Planung gestrichen würden.
Daher hat sich jüngst eine sogenannte Taskforce „Sporthalle“ innerhalb des Vereins gegründet, in der engagierte Mitglieder aus allen WSV-Abteilungen mitarbeiten. Ziel des Teams: Ein Ja zum Bürgerentscheid im bestehenden Wortlaut verhindern. In einer schriftlichen Stellungnahme hat der WSV bereits seine Ablehnung des Bürgerbegehrens zum Ausdruck gebracht. So sei laut WSV beispielsweise ein Ersatz „der stark sanierungsbedürftigen Außenkabinen und der vorhandenen Vereinsräume“ zwingend notwendig. Doch dieser Bedarf sei nach Einschätzung der Vereinsverantwortlichen in der Formulierung des Bürgerbegehrens nicht enthalten. „Sollten künftig keine Außenkabinen am Sportplatz zur Verfügung stehen, bedeutet dies, dass der Fußballspielbetrieb eingestellt werden muss“, prophezeihen die Unterzeichner, zu denen auch Prankl gehört.
Ein Szenario, das sich die Kommune aus Sicht des 32-Jährigen auf keinen Fall leisten darf. „Das Leben einer Gemeinde wie Aschau stützt sich in der Regel auf Vereine wie die Trachtler, die Feuerwehr und den Sportverein“, so der WSV-Funktionär, der darauf verweist, dass rund 200 Aschauer Kinder in der Fußballabteilung einen Teil ihrer Freizeit verbringen.
Welchen integrativen Stellenwert diese Art von Freizeitgestaltung haben kann, hat Prankl am eigenen Leib erfahren. „Das erste, was ich gemacht habe, als ich als Jugendlicher nach ein paar Jahren aus Köln zurückgekommen bin, war, mich beim WSV anzumelden“, so der ehemalige Fußballer, der damals von seinen Mannschaftskameraden mit offenen Armen empfangen worden ist. „Es war, als ob ich nie weg gewesen wäre.“ Erfahrungen, die Prankl auch in Zukunft Kindern und Jugendlichen ermöglichen will: „Wir wollen uns nicht auf eine politische Seite stellen“, so der designierte WSV-Vorsitzende. „Uns geht es alleine um das Wohl des Vereins.“
Daher ärgert den 32-jährigen Bankangestellten auch, dass seiner Meinung nach Stimmung gegen den WSV gemacht wird. Ein Beispiel: „Uns wird vorgeworfen, dass wir keine Eigenleistung erbringen wollen“, so Prankl, der diese Kritik scharf zurückweist. So habe der WSV nicht nur viel Eigenleistung in die Vereinsanlagen gesteckt. Auch zu einer Bauherrengemeinschaft, die von der Gemeinde angedacht war, dann aber verworfen wurde, sei der WSV bereit gewesen.
Auch heute sei der Verein in jede Richtung gesprächsbereit. Allerdings müsse eine Zielsetzung gewährleistet sein: „Der derzeitige Status Quo mit Vereinsräumen und Außenkabinen muss zeitgleich zum Bau der Sporthalle gewährleistet sein.“ Sonst drohe beispielsweise der Fußballabteilung die Abmeldung vom Spielbetrieb.
Ängste, die Dieter Gut, einer der Initiatoren des Bürgerbegehrens, nicht nachvollziehen kann. Denn nach seiner Einschätzung würde der Verein in beiden Fällen – abgespeckte Halle oder derzeitige Planung – während der Bauphase auf Außenkabinen verzichten müssen.
Dieter Gut bezeichnet Planung als „pompös“
Den Vorwurf an den Verein, nicht genügend Eigeninitiative zu erbringen, bekräftige Gut hingegen gegenüber den OVB-Heimatzeitungen. „Es muss doch möglich sein, in einem Verein mit 1200 Mitgliedern selbst etwas aufzubauen“, so Gut, der darauf verweist, „dass dort genügend Platz ist, um ein Vereinsheim und Außenkabinen zu verwirklichen.“ Er und seine Mitstreiter – mittlerweile haben nach Guts Angaben rund 1000 Bürger das Bürgerbegehren unterzeichnet – seien weiterhin der Meinung, dass Aschau zwar eine neue Sporthalle benötige, „aber keine so pompöse“.
Aschaus Bürgermeister Peter Solnar hingegen betont, dass die derzeitige Planung die „sinnvoll erforderlichen Nutzungen“ in einem Gebäude für einen Bestand der kommenden 40 Jahre konzentriere. An Spekulationen, ob eine geänderte Planung im Falle eines positiven Bürgerentscheids Auswirkungen auf den WSV hätte, will er sich nicht beteiligen. Schließlich liegt der Gemeinde laut Solnar noch kein Antrag für ein Bürgerbegehren vor.