Aschau – „Schweiß und Energie zahlen sich immer aus und ich freue mich, dass wir heute bei diesem Besuch den Blick auf das Wesentliche gelenkt bekommen, was wir so im Alltag nicht unbedingt sehen.“ Die Regierungspräsidentin kam ins Bergsteigerdorf Sachrang, um sich direkt an Ort und Stelle über das Bergbauernmodell „Artenvielfalt durch Landwirtschaft“ zu informieren, das hier seit über drei Jahren läuft.
Biologin Christiane Mayr, die federführende Beauftragte bei der Regierung von Oberbayern, wies in ihrer Einleitung zum Thema Biodiversität auf die Anforderungen hin, die im Oberen Priental seit der Umsetzung des Programms durchgeführt werden. In vielen Regionen der Alpen und auch Oberbayerns steht die Berglandwirtschaft vor großen Herausforderungen, wenn es um den Erhalt der traditionellen Kulturlandschaft geht. So werden infolge des Strukturwandels in der Landwirtschaft schwierig zu bearbeitende Flächen Zug um Zug aufgegeben oder nur noch unzureichend und extensiv bewirtschaftet.
Doch nicht nur Kulturlandschaft, auch wertvolle Lebensräume, die Heimat für eine Vielzahl bedrohter Tier- und Pflanzenarten sind, gehen dabei schleichend und für immer verloren.
Die Sachranger Bergbauern selbst seien es gewesen, die durch das von ihnen initiierte Biodiversitätsprojekt „Artenvielfalt durch Landwirtschaft – das Bergbauernmodell Sachrang“ diesem Prozess entgegenwirken wollten. In engem Schulterschluss mit dem Naturschutz seien sie dabei, durch gezielte Pflegemaßnahmen die Schönheit ihrer heimatlichen Kulturlandschaft und Artenvielfalt wiederherzustellen und bewusst zu erhalten.
Rundgang ins Gelände
Nach den einführenden Worten ging es dann zu einem knapp dreistündigen Rundgang ins Gelände. Bergbauer Sebastian Pertl wies an einem Aussichtspunkt auf die verschiedenen Möglichkeiten der Bauernarbeit in Tirol und Oberbayern hin. Während auf der Tiroler Seite noch auf 1000 Meter Gülle ausgebracht werde und die Bergwiesen intensiv als wertvolle Wiesen genutzt würden, verkrauten und verbuschen auf der bayerischen Seite die Almflächen, weil der Weidedruck der wenigen Kalbinnen nicht groß genug sei, um eine intensive Beweidung zu garantieren.
Die unterschiedliche staatliche Förderung der Bergbauern könne hier ganz deutlich am einfachen Beispiel im Gelände gesehen werden – auf der einen Seite ist es grün, auf der anderen braun. Dabei strebten die Sachranger Bergbauern gar nicht das Tiroler Modell mit Intensivlandwirtschaft bis über 1000 Meter an, sondern wollten mit ihren Mitteln die vorhandenen Weideflächen frei von Fremdbewuchs halten. Das gelinge nur durch harte und intensive Handarbeit, durch Schwenden der heranwachsenden Büsche und durch die Ausrottung des überwuchernden Adlerfarns.
Dafür stünden aber keine Arbeitskräfte mehr zur Verfügung und so könne man zusehen, wie sich der Wald Stück um Stück die Almkulturlandschaft zurückhole. Die Haltung von Schafen und Ziegen auf diesen Almflächen sei grundsätzlich möglich, diese müssten aber intensiv gehütet werden, eine Aufgabe für die es keine Arbeitskräfte gebe.
Bergbäuerin Monika Pfaffinger wies darauf hin, dass das Auftreten des ersten Wolfes in dieser vom Menschen gemachten Kulturlandschaft ihr Ende bedeute: „Wir Bauern hier im Sachranger Tal haben im Gegensatz zu früher nicht mehr genügend Vieh, um die vorhandenen Almflächen intensiv bewirtschaften zu können. Wir sind auf Pensionsvieh aus der Region angewiesen, das wir im Sommer in Pflege nehmen. Mit dem Verlust des ersten Stücks Vieh durch einen Wolfsriss wird jeder verantwortungsvolle Bauer seine Tiere abziehen und nach Hause holen, damit ist die Beweidung und der Erhalt der Almen am Ende.“
Regierungspräsidentin Maria Els war sehr interessiert an all diesen ganz speziellen Informationen, die in dieser Dichte und von den Betroffenen so genau aufbereitet in keiner Behörde vorliegen. „Das ist eine tolle Geschichte – Hut ab vor allen Beteiligten“, so ihr Resümee.
Zum Abschluss der Almbegehung besuchte die gesamte Gruppe noch den Sachranger Dorfladen. Hier hatten die Verantwortlichen die Ausstellung zum Sachranger Bergbauernmodell „Region in Aktion“ aufgebaut, die sie den europäischen Abgeordneten erstmals im März 2016 in Brüssel gezeigt hatten.