Riedering – „Schmeckt es eher nach Mandeln oder mehr nach Frucht?“ Solche und ähnliche Fragen müssen sich Juroren beim Verkosten von Kirschbränden im Rahmen der Bayerischen Obstbrandprämierung im unterfränkischen Veitshöchheim stellen. Und dabei ist es mit dem Fruchtgeschmack allein nicht getan, da geht es auch um Geruch, Geschmack und Gesamteindruck. Und das nicht nur bei einem Brand einer Obstsorte, sondern bei insgesamt weit über 640 Proben verschiedenster Brände.
Katharina Singer aus Wolferkam war eine der Juroren, aber nicht nur das: Sie bekam auch den Staatsehrenpreis, dreimal Gold für den Simssee-Gin, den Topaz- und den Elstar-Apfelbrand sowie zweimal Silber für Williams- und Sauerkirschbrand verliehen.
Dennoch gibt sie sich bescheiden. Sie, die Diplom-Wirtschaftsingenieurin und vierfache Mutter, hat sich erst spät zur Edelbrandsommeliere (TU Weihenstephan) und staatlich anerkannten Brennerin mit Sensorikzertifikat (Bayerische Landesanstalt für Wein- und Gartenbauer in Veitshöchheim) ausbilden lassen. „Wäre doch schad‘ um das Brennrecht gewesen“, auf dem Singer-Hof bestehen schließlich 300 Liter Brennrecht seit 80 Jahren.
Dieses Jahr war sie auch erstmals als Jurorin dabei, wie sie weiter erzählt. Seit langem gibt es die Prämierung von Edelbränden – analytisch wurden alle zur bayerischen Prämierung bis 2016 eingereichten Destillate in Veitshöchheim untersucht und dann am Institut für Lebensmitteltechnologie der Hochschule Weihenstephan- Triesdorf sensorisch geprüft. Seit 2016 aber wurde das Prüfverfahren neu gestaltet und damit verbessert.
So wird jetzt komplett im neuen Sensorikzentrum an der Bayerischen Landesanstalt für Weinbau und Gartenbau in Veitshöchheim getestet: Ein EDV-gestütztes Verkostungssystem garantiert höchstmögliche Neutralität und die Einführung eines Sensorikzertifikats für die Prüfer sorgt für ein einheitliches Niveau. Zusätzlich gibt es seit fünf Jahren die Initiative „Bayern Brand – Wir brennen für Bayern!“ Dabei sollen nicht nur Vielfalt und Qualität im Mittelpunkt stehen, sondern mehr noch sollen die ökologisch wertvollen Streuobstwiesen erhalten bleiben.
Katharina Singer kreiert Brände von Apfel, Birne, Zwetschge, Kirsche oder auch Geiste von der Himbeere, Vogelbeere und Haselnuss – die Früchte dafür stammen aus dem Obstgarten vor dem Hof. Und auch beim Simssee Gin, einem Slow Gin auf Schlehen-Likör-Basis und einem Kräuterlikör kommen die Botanicals, also die Zutaten für Gin wie Rosmarin, Engelwurz und Minze überwiegend aus dem heimischen Garten.
Für die Edelbrand-Sommeliere ist das Brennen „Kunst im Glas“, sie schätze die Vielseitigkeit und die Vielfalt am Brennen. Alte Obstsorten, die von Hand geerntet werden, dann ohne Zusatz von Zucker oder Aromen zweimal gebrannt und schließlich auch noch selbst abgefüllt werden – ein Brand sei ein „Genussmittel,“ was sie auch ihren auch ihren Kunden vermitteln wolle: Die Begeisterung für das Handwerk Brennen, die vielfältigen Aromen des Obstes, den Erhalt der Streuobstwiesen und die damit verbundene Arbeit.
Doch zurück zum Verkosten: Sie sei auch zwei Tage lang als Jury-Mitglied dabei gewesen, berichtet Katharina Singer. „Oh ja, nach dem Verkosten muss man ausspucken“, lacht sie, werden doch schließlich bis zu 50 Brände am Tag verkostet, und da dürfe man sich keinen Kater leisten.
Und was sind nun die Geschmacksunterschiede bei einem Kirschbrand? Die Expertin: Eine Wildkirsche habe eher Mandel- und Amaretto-Töne, während die Sauerkirsche fruchtiger schmecke.