Stephanskirchen – Der Angeklagte hat fraglos schon bessere Zeiten gesehen. Nach der mittleren Reife machte er in den 70er-Jahren in München eine Lehre als Bankkaufmann. Er arbeitete dann unter anderem für einen Versicherungskonzern und für ein Leasingunternehmen, bis er 1998 wegen Betrugs für mehrere Jahre hinter Gitter musste.
Mit dieser Vorgeschichte war es in diesem Berufsfeld schwierig, wieder Fuß zu fassen. Zu schwierig für den Angeklagten, der sich in der Folgezeit mit Diebstählen und Betrügereien durchs Leben schlug. Als HartzIV-Empfänger stahl er schließlich in den zurückliegenden Jahren wiederholt Waren in Lebensmittelmärkten und handelte sich so immer wieder Haftstrafen zwischen zwei und acht Monaten ein.
Nun hat er in einem Discounter in Stephanskirchen erneut lange Finger gemacht. „Da hat mich der Teufel geritten“, so seine Erklärung.
In der Sache selbst ist er geständig. Geld hatte er keines, nur einen Pfand-Bon, mit dem er zwei Päckchen Milch bezahlen wollte. Der Kassiererin war aber nicht entgangen, dass er in seiner Jutetasche noch etliche andere Lebensmittel nach draußen schmuggeln wollte: Dort fanden sich Waren im Wert von etwa 40 Euro, wofür er – so der Antrag der Staatsanwältin – nun fünf Monate hinter Gitter sollte. Wegen der sieben einschlägigen Vorstrafen könne es für ihn auch keine Bewährung geben.
Der Angeklagte hielt der Staatsanwältin vor, sie wolle sich auf seine Kosten hervortun. Eine solche Strafe sei – im Hinblick auf die Folgen für ihn und in Relation zu dem entstandenen Schaden – überhaupt nicht angemessen.
Er beklagte sich über eine unangemessene Behandlung in der Vergangenheit und erklärte, dass man seine Sozialprognose für die Zukunft nicht ausschließlich aufgrund seiner früheren Vergehen beurteilen dürfe.
Davon ließ sich der Vorsitzende Richter Wolfgang Fiedler jedoch nicht beeindrucken. Er führte an, dass die letzte Bewährungszeit gerade eben erst abgelaufen gewesen sei, es sich also um eine enorme Rückfallgeschwindigkeit handle. „Sie können sich nicht, auch wenn ihre Mittel beschränkt sind, nach Lust und Laune in den Geschäften bedienen. Chancen, dieses Fehlverhalten zu korrigieren hatten sie in der Vergangenheit genug.“
Fiedler entsprach dem Antrag der Staatsanwältin und verurteilte den 60-Jährigen zu fünf Monaten Gefängnis ohne Bewährung.