Riedering/Bozen – „Ich bin keine Eso-Königin, aber das Alleinreisen wird von vielen Menschen hinterfragt und angezweifelt ob der möglichen Vereinsamung. Das sehe ich aber sehr ähnlich wie Luisa Franca“ (siehe blauer Infokasten), beschreibt die unternehmungslustige Reisende nach ihrer Heimkehr.
Doch zunächst zurück an den Start: Nach eingehender Prüfung des vorhandenen Kartenmaterials entschloss sie sich für eine Rundtour von 570 Kilometern Länge. Dann ging’s los: Nur in Flip-Flops, kurzer Hose und Fleece-Jacke verließ sie Moosen um 8 Uhr morgens. Im Gepäck außerdem: Bikini, Sonnencreme, Handtuch, Regenjacke, Regenhose und für das Gefährt: Motoröl.
„Schon auf den ersten Kilometern war ich mir meines Frischluftprivilegs bewusst, erinnert sie sich. Sommerduft von frisch gemähten Wiesen wehte ihr um die Nase. Sehr schnell gewöhnte sie sich auch an die gemäßigte Geschwindigkeit. „Es dauert einfach so lange, wie es dauert“, lautete die Erkenntnis des ersten Tages.
Die erste Herausforderung wartet am österreichischen Pass Thurn auf 1273 Metern Seehöhe, der sich von Kitzbühel bis Mittersill auf 28 Kilometern Länge erstreckt und dessen Steigung durchschnittlich 3,6 Prozent entspricht. „Ein angenehmer Einstieg in die Alpen für mein motorisiertes Zweirad“, kommentiert Hudlberger.
Weiter geht die Fahrt ins Defereggental im Nationalpark Hohe Tauern. Und schon ist es vorbei mit dem eben noch so gepriesenen und geschätzten „Sommerduft-Privileg“. Im 5,3 Kilometer langen Felbertauerntunnel ist es laut und die Luft stinkt von den strapazierten Bremsbelägen. Kein Wunder, denkt Hudlberger, etwa 8000 Fahrzeuge rollen hier täglich durch.
Zehn Euro für den
Felbertauerntunnel
Zehn Euro kostet „das Vergnügen“ dieser Durchfahrt mit dem motorisierten Zweirad. Übrigens die einzigen Straßennutzungskosten, die auf dieser Reise anfallen. Mit dem Roller darf und will die Reisende keine Autobahnen nutzen, und so ist das Gespann den Rest der Strecke mautfrei unterwegs. Nach 182 Kilometern ist das erste Etappenziel erreicht: St. Jakob im Defereggental. Hier wird lächelnd für 5,87 Euro vollgetankt.
Tag zwei führt über Kehren auf den Staller Sattel. „Gemütlich schrauben wir uns auf ganze 2052 Meter hoch und entdecken dort den schönen Obersee“, schwärmt die 37-Jährige.
Aber auch der „Passo Stalle“ hat es ihr angetan: „Er ist wohl die schönste Einbahnstraße, die ich kenne“. In der ersten Viertelstunde einer jeden Stunde ist er für die Fahrt nach Südtirol geöffnet. Von Minute 30 bis 45 ist es lediglich erlaubt, in Richtung Österreich zu fahren. Grund dafür ist die sehr schmale einspurige Straße vom Obersee bis runter ins Antholzer Tal, erklärt Hudlberger.
Als Zweiradfahrer überholt sie an dieser Stelle etwa 45 wartende Autos und positioniert sich mit etwa 25 sportlichen Motorrädern in der ersten Reihe. „Die vielen Autofahrer, die ich im Schneckentempo überhole, jubeln mir aufmunternd zu und manche applaudieren sogar“, beschreibt sie. „Inmitten der PS-Raketen wirke ich wahrscheinlich nahezu niedlich mit meinem kleinen 50er-Roller.“
Am dritten Tag empfiehlt der Pensionswirt, die Panorama-Sonnenstraße nach Brixen zu nehmen. Tatsächlich: Sie ist weniger befahren, gespickt mit schönen Ausblicken und voll mit Apfelbäumen, Sommerduft, saftig grünen Wiesen und Kühen auf der Weide. Nach einem kleinen Frühstück in dieser schönen Kleinstadt geht’s weiter über Nebenstraßen nach Bozen und Meran. „Mit meinem Roller kann ich immer direkt ins Zentrum fahren und auf einem der vielen Krad-Parkplätze stehen bleiben. Zentraler geht nicht!“
Tagesziel ist jedoch das Passeier Tal. Um 18 Uhr ist es erreicht und bietet auch noch einen „unglaublich guten Wein aus der Region“ zur Entspannung.
Der vierte und letzte Reisetag ist dem Jaufenpass gewidmet. Mit Respekt nähert sich die Rollerfahrerin dieser Herausforderung. Von St. Leonhard (689 Meter Höhe) will sie sich auf 2095 Meter „hinaufschrauben“. Noch einmal volltanken – und los geht’s. 39 Kehren warten auf die Fahrerin und ihren Viertakter.
„Die Fahrt ist unbeschreiblich. Mit durchschnittlich 13 km/h komme ich vorwärts. Die Landschaft ist atemberaubend, das Wetter und die Berge bieten ein großartiges Farbenspiel. Motorradfahrer überholen mich reihenweise und ich grüße jeden einzelnen. Schließlich fühle ich mich langsam wie einer von ihnen.“
Oben am Jaufenpass genießen sie gemeinsam ihr „Gipfelglück“. „Während die Biker in ihren Ganzkörperanzügen schwitzen, ziehe ich alles an, was ich dabei habe“, erinnert sich Hudlberger. Das Wetter spielt ihr diesmal nicht in die Karten. Es soll regnen und sogar schneien. „So schnell es eben geht“ fährt sie deshalb über Ratschings, Sterzing und Innsbruck zurück nach Moosen.
Ihr persönliches Resümee nach diesen erlebnisreichen vier Tagen: „Ich war fast schon meditativ unterwegs. Die langsame Art der Fortbewegung entschleunigt ungemein. Schöner Nebeneffekt: „Dies war ein perfekter Kurzurlaub auf einem zuverlässigen Gefährt – und alles für weniger als 30 Euro Tankkosten…“