von Redaktion

Neue Initiative im Chiemgau – Info-Treffen für interessierte Eltern und Landwirte

Bauernhof-Kindergarten als Lernort

Bad Endorf/Rosenheim/Grassau/Trostberg/Traunstein – Eine Alternative zum immer beliebteren Waldkindergarten nimmt nun auch im Chiemgau Gestalt an: der „Bauernhof-Kindergarten“. Die in Rosenheim aufgewachsene Erzieherin und Ergotherapeutin Katja Pape (44) hat das Thema ins Gespräch gebracht und stieß in mehreren Gemeinden in den Kreisen Traunstein und Rosenheim auf offene Ohren. Vom 9. bis 24. Oktober lädt sie nun zu fünf Info-Treffen ein (siehe Kasten).

Was sind die besonderen Chancen eines Bauernhof-Kindergartens? Es gibt hier schon verschiedene Konzepte und Pilotprojekte. Ein Leitfaden der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft zur „Sozialen Landwirtschaft“ betrachtet Initiativen wie die Betreuung von Kleinkindern oder Senioren sowie die Mitarbeit von Menschen mit Behinderung auf dem Hof als wichtige Einkommensalternative für Landwirte.

Um diese Idee bekannter zu machen, gründete sich im April 2018 der Verein „Soziale Landwirtschaft Bayern“. Matthäus Michlbauer, Leiter der Geschäftsstelle Traunstein des Bayerischen Bauernverbandes, sieht Bauernhofkindergärten als interessante Weiterentwicklung bisheriger Modelle und unterstützt Pape gern bei den fachlich-rechtlichen Rahmenbedingungen.

Und für Kleinkinder bietet ein Bauernhof-Kindergarten eine Fülle von spannenden, „vielfältigen, echten und lebendigen Lernanlässen“, wie die Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof in einem Konzept für Bauernhofkindergärten feststellt, und: „Dieses ,Lernen im Kontext‘ ist wegweisend für das weitere (schulische) Leben und Lernen.“ Während ein Waldkindergarten eine Begegnung mit der ursprünglichen Natur und Wildtieren, vorwiegend Insekten, ermöglicht, bewegen sich die Kinder am Bauernhof in Natur- und Kulturlandschaft. Der Kontakt zu den Tieren hat hier ein stärkeres Gewicht. Spielerisch und mit allen Sinnen erfahren die Kleinen, wie Lebensmittel entstehen und welche Achtsamkeit das erfordert.

„Als ich vom Bauernhof-Kindergarten las, öffneten sich mir neue Welten“, erzählt Katja Pape, die im Chiemgau lebt und seit 25 Jahren mit Menschen im Alter von 0 bis 99 Jahren arbeitet. „Die Kinder haben hier neben den üblichen Aktivitäten im Garten und im Gruppenraum mit Verkleidungs-, Tobe- und Kuschelecke, Bauecke, Mal- und Spieletisch zusätzlich die Möglichkeit, Tiere zu füttern, den Stall auszumisten, mit Hasen, Hühnern oder Kühen Freundschaften zu pflegen, Gemüse zu pflanzen, Obst zu ernten, Saft zu pressen oder Marmelade zu kochen.“

Kindergartenbesuche auf Bauernhöfen gebe es ja schon, aber bei diesen kurzen Kontakten fehle nach Ansicht der Erzieherin die Nachhaltigkeit und Beständigkeit – dass Kinder zum Beispiel den ganzen Kreislauf des Lebens am Hof miterleben. Bauernhofkindergärten könnten zudem neue Perspektiven für die Landwirtschaft in einer Zeit so vieler Umbrüche schaffen.

Sie möchte nun Gleichgesinnte zusammen bringen, die die Idee „Bauernhof-Kindergarten“ anspricht und die gern dabei wären, ob als Landwirt, Erzieherin, Kinderpflegerin, Vater, Mutter, Angehöriger oder auch Interessierter am Bundesfreiwilligendienst oder Freiwilligen Sozialen Jahr. Ihre Vision ist, dass im Chiemgau ein „Prototyp“ geschaffen wird, vorzugsweise an einem Biobetrieb oder einem extensiv bewirtschafteten Hof, und dass innerhalb von fünf bis zehn Jahren ein Verbund von mehreren Bauernhofkindergärten rund um den Chiemsee entsteht.

Als Träger kommen Organisationen wie Gemeinden, Kirchen oder die „Kita Natura“ in Krummbek bei Kiel, eine gemeinnützige Genossenschaft, die bereits die Trägerschaft für mehrere Bauernhof- oder Natur-Kindergärten hat, in Frage. Vorsitzende Annemarie Muh ist selbst Landwirtin und hat einen Bauernhof-Kindergarten auf ihrem Hof mit 300 Schweinen, Kühen, Hasen und Hühnern sowie einen Hofladen.

Bundesweit gibt es laut Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof bereits etwa 30 Bauernhof-Kindergärten, in Bayern drei im Münchner Umland und einen im Kreis Rosenheim: in Bruckmühl, am Hof von Annerose Ettenhuber. Sie wurde für ihren „Kindergarten Lindenbaum“ 2016 als „Unternehmerin des Jahres“ ausgezeichnet.

Wichtig ist Pape schließlich der Gedanke, dass Bauernhof-Kindergärten vom Kleinkindalter an vermitteln, wie wertvoll die Landwirtschaft für unsere Gesellschaft ist, und dass das Ganze nicht nur etwas für die „armen Stadtkinder“ ist, die nicht wissen, wie eine Kuh aussieht.

Wichtig sei es auch für die Kinder vom Land, Kompetenzen für einen lebendigen Austausch zwischen Natur, Pflanze, Tier und Mensch zu entwickeln. Und: „Wir essen alle Lebensmittel“, ergänzt Pape.vm

Info-Treffen und Kontakt

Info-Treffen zum Projekt „Bauernhof-Kindergarten im Chiemgau“ finden statt am Dienstag, 9. Oktober, um 19 Uhr in Grassau beim Hefter, Kirchplatz 3; am Dienstag, 16. Oktober um 19 Uhr in Trostberg im Pfaubräu, Hauptstraße 2; am Freitag, 19. Oktober, um 19 Uhr in Bad Endorf im evangelischen Gemeindesaal, Martin-Luther-Platz 11; am Montag, 22. Oktober, um 19 Uhr in Traunstein im Antoniussaal im Katholischen Bildungswerk, Vonfichtstraße 1 und am Mittwoch, 24. Oktober, um 19 Uhr in Rosenheim im Clubsaal der Christkönigkirche, Kardinal-Faulhaberplatz 7. Weitere Infos zum Thema gibt es auf Facebook unter „Bauernhofkindergärten Chiemgau“, bei der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof unter www.baglob.de, sowie beim Verein „Soziale Landwirtschaft Bayern“ bei Juliane Singer unter Telefon 089/55873-158 oder per E-Mail unter Juliane-Singer@BayerischerBauernverband.de. Interessenten können sich bei Fragen telefonisch direkt an Katja Pape wenden unter 0174/8971015 sowie per E-Mail an Bauernhofkindergaertenchiemgau@emailn.de.vm

Artikel 1 von 11