Kiefersfelden/Kufstein – Nein, Masern sind nicht harmlos. Sonst wären sie nicht meldepflichtig. Sonst wären nicht 2017 weltweit 110000 Menschen an Masern und ihren Folgen gestorben. Dr.Wolfgang Hierl vom Rosenheimer Gesundheitsamt: „Masern sind keine harmlose Kinderkrankheit.“
Hierl hat auf unsere Anfrage hin zum Hörer gegriffen und sich in Kufstein kundig gemacht. Dort liegt eine Frau im Krankenhaus in Quarantäne. Bei einem Mann aus Wörgl stehen die Laborbefunde noch aus, auch er leidet vermutlich an Masern.
„Bezüge nach Bayern gibt es bei den beiden Fällen glücklicherweise nicht“, so Hierl. Die Kollegen im dortigen Krankenhaus hätten ihm versprochen, sich zu melden, wenn sie Entsprechendes erführen. „Aber eine Zufallsansteckung ist natürlich immer möglich“, so der Leiter des Gesundheitsamtes.
Die hat es bisher nicht gegeben. „Wir hatten dieses Jahr noch keinen Fall“, so Hierl. In Österreich vermelden die Medien 30 Fälle in diesem Jahr.
Kiefersfelden und Oberaudorf sind nur ein paar Kilometer entfernt. Da ist die Gefahr am größten, dass Masern auftauchen. Eine telefonische Stichprobe bei Ärzten in Kiefersfelden und Oberaudorf ergab: „Nichts aufgetreten, nichts gehört, alles entspannt.“ Entspannt ist am auch an der kiefersfeldener Schule. Die Sekretärin weiß von dem Kufsteiner Fall, weil ihr Sohn auf der anderen Seite der Grenze zur Schule geht, aber an der Schule ist das Thema noch nicht angekommen. Vorwarnung vom Gesundheitsamt gab es nicht.
Wer irgendwann mal an Masern erkrankt war, der ist immun.
Allen anderen rät Hierl zur Impfung. Ein Rat, der ihm in Stadt und Landkreis Rosenheim nötig erscheint. Die Impfrate ist laut Hierl mehr als schlecht. „Die Region ist bayernweit Schlusslicht“, bedauert der Chef des Gesundheitsamtes. Bei der Schuleingangsuntersuchung 2016 – aktuellere Daten gibt es bei Kindern nicht – waren 90,2 Prozent der Kinder einmal geimpft, nur 80,8 Prozent waren zweimal geimpft. Bayernweit waren es im Durchschnitt 96,6 beziehungsweise 92,2 Prozent.
„Und in Freyung-Grafenau haben sie 99,9 und 99,4 Prozent geschafft – es ginge also“, so Hierl. Die Österreicher sind rigoros: In der Steiermark wurden nach einem Masernfall 26 nicht geimpfte Kinder von der Schule ausgeschlossen, berichtet die Tiroler Landeszeitung.
„Impfen lassen sollte sich jeder, der nach 1970 geboren ist und Masern nicht hatte“, so Hierl. Warum der Leiter des Gesundheitsamtes so eindeutig für die Impfung plädiert: Mittelohrentzündungen, Bronchitis oder Lungenentzündung gehen relativ häufig mit den Masern einher, weil Masern das Immunsystem schädigen und unterdrücken – durchaus auch längerfristig.
Angst vor
Folgeschäden
In seltenen Fällen sind auch Entzündungen des Gehirns Begleit- oder Folgeerscheinungen. Und die hinterlassen in der Mehrzahl der Fälle bleibende Folgeschäden – oder führen zu einer langsam verlaufenden aber tödlichen Gehirnerkrankung. Da wird Hierl dann auch sehr deutlich: „Eltern, die nicht impfen lassen, riskieren die Gesundheit ihrer Kinder.“