Aschau – „Herr Gemeinderat Hündl, ich entziehe Ihnen das Wort, hören Sie auf, hier aus der nichtöffentlichen Sitzung zu plaudern, mäßigen Sie sich, oder ich verweise Sie des Saales“. Bürgermeister Peter Solnar unterbrach die Sitzung. Er und seine beiden Stellvertreter sowie die gesamte Fraktion der FWG verließen den Sitzungssaal und hinterließen die verdutzten Vertreter der ABL, der PTL und die CSU-Gemeinderäte. „Ich muss mich mit den Vertretern meiner Fraktion über den weiteren Hergang der Sitzung besprechen“, begründete Solnar das Vorkommnis, das in Aschau bisher einmalig ist. Noch nie verließ ein Bürgermeister mit einem Teil des Gemeinderates eine laufende Sitzung, um sich zu besprechen und sich weitere Rückendeckung für ein geplantes Vorhaben zu holen.
Vorausgegangen war der Aufruf eines eigentlich harmlosen Tagesordnungspunktes: die Bestellung des neuen Kämmerers zum 1. April dieses Jahres. Der bisherige Kämmerer Siegfried Loer hatte – nach 19-jähriger Amtszeit – seinen Rücktritt als Fachbereichsleiter erklärt und damit die Suche nach einem neuen Kämmerer eingeleitet. Aus mehreren Bewerbern wurde schließlich Christoph Kraus aus Bernau ausgewählt, der derzeit in Eggstätt als Kämmerer arbeitet. Christoph Kraus war als Zuschauer im Sitzungssaal anwesend und erhielt gleich einen ersten Vorgeschmack auf sein künftiges Tätigkeitsfeld.
Gemeinderatsmitglied Jakob Hündl erklärte, dass die Gemeinde Aschau keinen neuen Kämmerer brauche, da sie schon bisher einen der besten Kämmerer im gesamten Landkreis hatte und auch weiterhin haben werde. Siegfried Loer wolle die Gemeinde Aschau auch nicht verlassen, sondern weiterhin an herausgehobener Stelle in seinem Fachbereich mitarbeiten. Damit habe man künftig zwei hochdotierte Fachleute für Haushaltsangelegenheiten im Rathaus, die zu zweit das Pensum erledigen müssten, das Loer bisher alleine geschafft habe.
„Ich bin immer schon gegen eine Neueinstellung gewesen“, ereiferte sich Jakob Hündl, „meine Ablehnung richtet sich nicht gegen die Person von Herrn Kraus, sondern um die Tatsache der Neueinstellung. Wir brauchen keine zwei Amtsinhaber auf einem Arbeitsplatz“. Hündl verwahrte sich gegen wiederholte Ordnungsrufe des Rathauschefs, und vor allem gegen den Vorwurf, aus der nichtöffentlichen Sitzung zu plaudern.
Er warf Bürgermeister Solnar vor, bereits bei der Bürgerversammlung im Dezember in der Festhalle öffentlich über die bevorstehenden Änderungen in der Kämmerei und die damit verbundene Neubesetzung geplaudert zu haben. Damit sei die Öffentlichkeit durch den Chef der Verwaltung bereits seit vier Monaten hergestellt. Ein Ausschluss aus der laufenden Sitzung sei nicht möglich, er habe sich ordnungsgemäß zu Wort gemeldet und das Wort vom Versammlungsleiter erteilt bekommen.
Er nehme jetzt sein Recht als Gemeinderat wahr, seine Meinung zum Thema zu bringen, auch wenn das nicht allen gefalle.
Daraufhin unterbrach Bürgermeister Solnar mitten im Redebeitrag die Sitzung und verließ mit den FWG-Gemeinderäten den Sitzungssaal, um sich zu besprechen.
Nach der Rückkehr setzte er die Sitzung fort und ließ ohne weitere Wortmeldungen zu berücksichtigen über die Neueinstellung abstimmen. Gegen die Stimmen der Gemeinderatsmitglieder Hündl, Runte und Thaurer (alle CSU) stimmte das Gremium der Neueinstellung zu. Christoph Kraus wird seinen Dienst als Kämmerer bei der Gemeinde Aschau damit plangemäß am Montag, 1. April antreten.reh