Die Audorfer Tenne ist Geschichte

von Redaktion

Als Kino gebaut und dann zu einem Tanzlokal und Disco umfunktioniert, das war später die Audorfer Tenne. Nun wurde das Gebäude abgerissen. Geplant sind auf dem Grundstück zwei Mehrfamilienhäuser mit je vier Parteien.

Oberaudorf – Ein eigenes Kino für Oberaudorf – in den 50er-Jahren eine Sensation. Bis dahin gab es nur ab und zu Kino-Vorführungen im ehemaligen Lambacher-Saal. Der erste Film, erinnert sich ein älterer Herr, den er als Schüler sehen durfte, war „Maria Goretti“.

Im neu erbauten Kino wurden dann bald die damaligen Klassiker „Die Wüste lebt“ oder auch Heimatfilme von Ganghofer vorgeführt. Zum Auftakt natürlich stets die „Wochenschau“ als Vorspann. Die Jugend besuchte die Nachmittags-Filme und kaufte an der Kasse einen billigeren „Rasiersitz“ wie die Plätze ganz vorne im Saal genannt wurden.

Ganz kess auf

dem Sperrsitz

Als das Saal-Licht abgedimmt wurde, wechselte man gerne von den vorderen Plätzen auf den ersten Platz und ganz kesse sogar auf den Sperrsitz. Nur die Logen waren nur vom Kassenbereich aus zugängig und unerreichbar.

Sehr gefragt bei der Jugend war auch die Erlaubnis, Filme vorzuführen. So wurde das Taschengeld nicht nur aufgebessert, sondern man konnte so manchen Freund in den Vorführraum einlassen: So konnte dieser kostenlos Filme sehen. Davon berichten die ehemaligen Kino-Vorführer Klaus und Arne. Ein Höhepunkt war dann ein Besuch vom Raketenforscher Wernher von Braun, der seine in Oberaudorf ansässigen Eltern besuchte.

Eine Sensation war dabei die Ankunft mit dem Hubschrauber. In Oberaudorf gab von Braun nicht nur in der Volksschule, sondern auch im Kino mit einem Vortrag einen Einblick in die Raketen-Technik, sozusagen Raumfahrt-Unterricht aus erster Hand. In den Kellerräumen eingebaut waren unter dem Kinobereich auch Kegelbahnen, zeitgemäß mit vollautomatischen Kegelstellmaschinen.

Auf den genormten Bahnen gab es keine Kegeljungen mehr, die die Kegel aufstellten und die Kugeln wieder zurückrollten. Es bildeten sich rasch sportlich ausgerichtete Kegel-Gemeinschaften und die erfüllten die Anlage bis 1997 fast täglich mit Leben. Mit der immer mehr fortschreitenden Fernsehtechnik und den bei fast allen Familien stehenden Fernseh-Apparaten erlosch bald das Interesse am Kino und die Lichtspiele schlossen.

Im benachbarten Café Waller erlebten Tanzveranstaltungen ihren Höhepunkt mit „Fünf-Uhr-Tee“ oder Life-Musik-Abenden wie mit den „Pecatos“. So wurde aus dem ehemaligen Kino durch wenige Umbaumaßnahmen die „Audorfer Tenne“, ein Tanzsaal. Nach Pächter-Wechsel im Jahr 1980 eröffnete die Audorfer Tenne als Diskothek. Bis fünf Uhr früh wurden dort am Wochenende Schallplatten aufgelegt. Die Jugend vom Dorf und der näheren Umgebung nutzte das Angebot und strömte nach Oberaudorf in die Tenne.

Das eigentliche Nachtleben spielte sich aufgrund des Rauchverbotes im Lokal vor allem am frühen Morgen vor dem Lokal ab. Dies war natürlich mit Lärm verbunden. Die Nachbarn tobten bezüglich der Nachtruhe und auch der Gemeinderat Oberaudorf musste sich mit dem Disco-Betrieb beschäftigen. Auch das OVB berichtete davon im Dezember 2011. Das morgendliche „Abfeiern“ wurde bei der Gemeinderats-Sitzung sogar als „Volksfest in Potenz“ bezeichnet.

Life-Musik nicht
nur beim „Pressball“

Der Gemeinderat nun im Zwiespalt: Zum einen wolle man gerade als Fremdenverkehrsort auch jungen Leuten etwas bieten, zum anderen sei es verständlich, dass die Anrainer auf ihre Nachtruhe pochen.

Vorgeschlagen wurde vom Gremium, die Sperrzeit-Verlängerung von fünf Uhr auf drei Uhr zu legen. Vor allem bei Faschingsbällen ging oft „die Sau los“ wie es im Jargon hieß. Topp Veranstaltungen mit Life-Musik gab es reichlich, so der „Pressball“ zum Faschingsendspurt mit der „Wild-Berries-Pressband“. In Bezug auf die Tanz- und Discoabende in der Audorfer Tenne erinnern sich mehrere längst dem Jugendalter Entwachsene, leicht ergraute Bürger: „Es war ein Heiratsmarkt der Jugend und so mancher hat seine damals angebetete Tanzpartnerin geheiratet“. Nun gibt es kein Kino und keine Kegelbahnen und seit dem Jahr 2014 auch den Juicy-Club nicht mehr. Seit ein paar Tagen ist nun auch die Audorfer Tenne Geschichte.

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