Radl-Beauftragter ein Netzwerker

von Redaktion

„Erst mal netzwerken, Leute zusammenbringen, den Ist-Zustand festhalten“. Frank Wiens ist den vierten Tag im Amt. Er ist Fahrradverkehrsbeauftragter der Gemeinde Stephanskirchen. Alleine will er den Job nicht machen, „gemeinsam sind wir stärker“, sagt er.

Stephanskirchen – Wer oft genug ins Rathaus marschiert, kommt irgendwann mit einem Amt wieder raus. Wer‘s nicht glaubt, fragt Frank Wiens. Der ist begeisterter Radfahrer. Pendelt jeden Tag von Haidholzen an den Schreibtisch nach Rosenheim mit dem Rad. Nimmt zum Einkaufen das Rad. Ist am Wochenende mit dem Rad unterwegs. „Wir haben ein Auto. Und ich bin der, der es am wenigsten benutzt“, erzählt er schmunzelnd.

Konstruktive Kritik

führt zum Ziel

Immer, wenn ihm Missstände auffielen – und er wieder einen Schwung voll hatte –, machte sich Wiens auf ins Rathaus, zu Bürgermeister Rainer Auer. Der selbst begeistert Fahrrad fährt. Bei dem er offene Türen einrannte. Auch, weil Wiens Lösungsvorschläge mitbrachte, konstruktiv kritisierte und Auer den Rücken stärkte, wenn der bei den Behörden mal wieder nur „geht ned“ hörte.

Im März schlug Auer dem Gemeinderat vor, doch einen Fahrradverkehrsbeauftragten zu wählen. Wer den Job übernehmen wollte, konnte sich bei der Gemeinde melden. Und zu aller Überraschung waren es bis zur Mai-Sitzung fünf Männer und eine Frau, die das taten.

Geheime Wahl war angesagt, allerdings pfiff der Bürgermeister auf die parat stehende Wahlurne, eilte mit langen Schritten um den Ratstisch und sammelte zur Erheiterung seiner Räte die zusammengefalteten Wahlzettel ein. Absolute Mehrheit für Wiens, Stephanskirchen hat einen Radverkehrsbeauftragten.

Die Mitbewerber versicherten, mitarbeiten zu wollen, Wiens nahm sie beim Wort und scharte sie schon um sich.

„Es ist verblüffend, aber ich werde jetzt schon von vielen Leuten angesprochen“, sagt Wiens drei Tage nach seiner Wahl. Was allerdings ganz in seinem Sinne ist. Denn netzwerken, Leute miteinander in Verbindung bringen, gemeinsam Probleme definieren, Lösungen suchen, Ideen entwickeln, das sieht der Sozialpädagoge im Dienste des Landkreises als seine vordringlichste Aufgabe. Und Lobbyarbeiten leisten, wo immer es geht. Zum Beispiel bei Verkehrsplanern. „Wir Radlfahrer sollten doch deren bevorzugte Klientel sein: Wir brauchen wenig Platz, verursachen so gut wie keinen Feinstaub, machen keinen Lärm…“

Bei der Verwaltung braucht er keine Lobbyarbeit zu leisten, da sei er mit offenen Ohren und offenen Armen empfangen worden, freut sich Wiens.

„Aber warum sollten hier ansässige Firmen ihre Post nicht per Lastenrad zur Postagentur in der Salzburger Straße liefern, warum ihre Mitarbeiter nicht mittels ‚Job-Rad‘ in Bewegung bringen?“ Die Mobilitätsgruppe des Energieforums Stephanskirchen will er genauso einbinden wie die Kitas, die Gemeinderäte wie die Vereine.

Und er will Ängste abbauen. „Es gibt viele, die mir sagen, dass sie nicht Rad fahren, weil es ihnen zu gefährlich ist. Vor allem in der Salzburger Straße und am Schloßberg. Da möchte ich gegensteuern.“ Auch wenn er weiß, dass gerade an dieser Straße nicht viel geschehen kann. Details aber gibt es immer: an der Einmündung Hoffeldstraße ist der Radweg nicht farbig markiert. Dort kommen aber Buspassagiere, Discounter- und Bank-Kunden, Schüler, Rathausbesucher und -mitarbeiter mit Radlfahrern und Autos zusammen. „Da ist ein gut erkennbarer Radweg schon wichtig.“

Erste kleine Erfolge haben sich schon eingestellt: Beim „Stadtradeln“ gab es in der Gemeinde immer zwei Teams. „Kaum redet man mit den Leuten, sind es fünf Teams“, lacht Wiens.

Ein weites Feld

ist zu bearbeiten

Wiens hat einen Vollzeitjob, den Radl-Beauftragten macht er nebenbei. Wie schnell er seine „Radler-Konferenz“ einberufen kann, bei der alle Interessierten zusammenkommen, Wünsche und Anregungen einsammeln und daraus ein Konzept für Stephanskirchen erarbeiten, das sich mit Planungen jenseits der Gemeindegrenze nicht beißt, kann er noch nicht abschätzen. Eines aber ist Frank Wiens ganz klar: „Der Fahrradverkehr ist ein weites Feld. Da ist sehr viel zu tun. Mal sehen, was ehrenamtlich zu schaffen ist.“

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