Albaching – Ein Rottweiler hat bei mehreren Angriffen Menschen – darunter ein siebenjähriger Bub – verletzt. Der Albachinger Gemeinderat sah sich zum Handeln gezwungen: Das Gremium entzog der Besitzerin die Haltungserlaubnis. Der Lebensgefährte der Besitzerin bescheinigt dem Vierbeiner hingegen einen „guten Charakter“ und hadert mit der Entscheidung des Gemeinderats. Jetzt muss der Hund ins Tierheim. Wenn ein Hund einen Menschen beißt, ist das immer dramatisch: Für die verletzte Person, den Hundehalter und auch für das Tier selbst. Mit mehreren Beißvorfällen eines Rottweilers aus dem Albachinger Gemeindeteil Berg musste sich nun auch der Gemeinderat befassen.
Entscheidung: Fünf gegen sechs Stimmen
Ursprünglich sollte dieser Tagesordnungspunkt im nichtöffentlichen Teil der Sitzung behandelt werden, wurde aber auf den Antrag von Gemeinderat Helmut Maier (GWA) schließlich in den öffentlichen Teil vorgezogen. Für ihn, so begründete Maier seinen Antrag, gebe es nun „keine Geheimhaltungsgründe mehr“.
Bürgermeister Franz Sanftl fasste die Sachlage zusammen: Dreimal habe dieser Hund, der einer Frau in Berg gehört, zugebissen: Einmal an seinem Heimatort und zweimal auf einer Baustelle in der Nähe von Söchtenau, wohin ihn der Lebensgefährte der Hundehalterin mitgenommen hatte. Aus diesem Grund, mit sechs gegen fünf Stimmen, beschloss das Ratsgremium, der Hundehalterin die Erlaubnis zur Haltung ihres Rottweilers zu entziehen und sie dazu zu verpflichten, den Hund innerhalb von zwei Wochen abzugeben. Für die Kosten der Unterbringung muss die Halterin selber aufkommen. Mit diesem Beschluss stellte sich die Gemeinde gegen die Einschätzung des Landratsamts, das eine Wegnahme des Rottweilers zuletzt für „nicht gerechtfertigt“ gehalten hatte und anmerkte, dass dieser Beschluss einer möglichen Einleitung rechtlicher Schritte durch die Hundehalterin nicht standhalten könnte. Eine Wegnahme sei nämlich das „allerletzte Mittel“, so die Auskunft der Behörde. Allerdings ist dies keinesfalls ein willkürlicher Beschluss des Gemeinderats, sondern ist auf die Vorgeschichte zurückzuführen und basiere auf dem Verfahrensvorschlag der Verwaltung, wie Bürgermeister Sanftl auf Nachfrage erklärte: „Wir müssen den Verwaltungsweg einhalten.“
Die Gemeinde habe bereits nach dem ersten Beißvorfall in Berg einen Leinen- und Maulkorbzwang für diesen Hund angeordnet, an den sich der Lebensgefährte der Halterin aber nicht gehalten habe, so der Vorwurf. Dadurch, berichtete Bürgermeister Sanftl, sei es zu den beiden weiteren Beißvorfällen gekommen, bei denen ein Paketfahrer und ein siebenjähriger Bub „erheblich verletzt“ worden seien. Diese beiden letztgenannten Vorfälle hätten sich zwar auf einer Baustelle bei Söchtenau ereignet, aber die Gemeinde sei grundsätzlich „zuständig für das Fehlverhalten der Hundehalterin“ in Albaching.
Der Alternativvorschlag, nochmals eine Anordnung an die Hundehalterin rauszuschicken, mit der Maßgabe, dass beim kleinsten Verstoß der Rottweiler sofort weggenommen werden könnte, ging der Mehrheit des Gemeinderats nicht weit genug. Der Lebensgefährte, der den Hund meist mit auf Baustellen nimmt, sei auch nach dem zweiten Vorfall von Polizeibeamten der Hundestaffel Rosenheim aufgefordert worden, sich an die Anordnung zu halten, was dieser wiederum nicht befolgt habe.
Von daher sehe die Verwaltung und auch die Mehrheit des Rats „die Zuverlässigkeit des Lebensgefährten“, als nicht gegeben an. Eine Antwort, warum dieser sich nicht an die Maulkorb- und Leinenpflicht gehalten habe, habe er nicht bekommen, so Sanftl weiter.
Aber es gibt auch eine andere Sicht der Dinge, nämlich die des Lebensgefährten der Hundehalterin, Dieter Trax, für den der Rottweiler das „Ein und Alles“ sei, wie er erklärte. Sie hätten „den Hund nie dazu erzogen, anzugreifen oder aggressiv zu reagieren“. Man sei mit ihm in der Hundeschule gewesen, habe mit einem Hundetrainer gearbeitet, der dem Vierbeiner einen guten Charakter bescheinigt habe. Zweimal habe sein Hund zudem einen Wesenstest absolviert, wobei sich gezeigt habe, dass der Rottweiler „weder Mensch noch Tier gegenüber bösartig“ sei, so Trax weiter.
Dass es drei Beißvorfälle gewesen seien, bestreitet er teilweise: Beim ersten Vorfall habe sein damals elf Monate alter Hund nicht zugebissen, sondern gezwickt. Das Opfer habe nicht medizinisch versorgt werden müssen. Die weiteren Vorfälle streitet Trax nicht ab. Es sei einfach eine Tatsache, dass der Hund da richtig zugebissen habe. Der Siebenjährige sei bei einem Angriff des Hundes verletzt worden und habe operiert werden müssen, so Trax, das bedauere er sehr. Er habe auch eine Erklärung, warum es zu diesem Zwischenfall gekommen sei: Ein Rottweiler gehöre zu den „Wach- und Hütehunden“. Ein Vater sei mit seinem Sohn auf ihn zugegangen, der Hund habe sein Herrchen, das er beschützen wollte, gefährdet gesehen und zugebissen. Er habe versucht, denn Angriff noch zu verhindern, „ich war zu langsam“, so Trax.
Leicht hat es Dieter Trax aufgrund dieser Vorfälle nun auch in seiner Umgebung nicht. Er sehe sich Anfeindungen ausgesetzt und hadert mit dem Beschluss des Gemeinderats. Rechtliche Schritte behält er sich offenbar vor. Er habe allerdings die Auskunft erhalten, dass diese keine guten Erfolgsaussichten hätten.
„Bedauerlich“ finde Trax, dass er bei Wegnahme des Hundes nicht erfahren dürfe, wohin dieser gebracht werde. Dem widersprach aber Albachings Bürgermeister: Die Hundehalterin und ihr Lebensgefährte könnten selbst „adäquate Vorschläge“ einbringen, wohin der Hund verbracht werden könne. Die Gemeinde könne sich gut vorstellen, den Rottweiler ins Tierheim zu bringen. Dieter Trax befürchtet indes, dass in einem solchen Fall die Vermittlungschancen sehr schlecht seien und der Hund nie mehr ein Zuhause finden könnte.