Stephanskirchen – Das Thema Brenner-Nordzulauf bewegt auch die Gemeinde gleich östlich von Rosenheim sehr stark. Kein Wunder, schließlich führen zwei der fünf verbliebenen Trassenvorschläge durch Stephanskirchen. Abgesehen davon, dass Bürgermeister Rainer Auer (Parteifreie) das Projekt grundlegend ablehnt, sorgt er sich selbstverständlich auch um die Belange seiner Kommune.
„Die Trasse käme unterhalb von Leonhardspfunzen bei uns an und ginge dann beim Schlössl nahe Innleiten in den Hang hinein“, beschreibt das Gemeindeoberhaupt die aktuellen Planungen. Wie den Karten der Bahn zu entnehmen ist, führt der Verlauf dann unterirdisch weiter nach Osten an Grasweg vorbei und zwischen Waldering und Ried weiter nach Eitzing, wo die Trasse ins Gemeindegebiet von Riedering übergeht.
Bodenbeschaffenheit ist entscheidend
„Ein Tunnel wäre für Stephanskirchen weitaus besser als eine Trasse an der Oberfläche“, räumt Auer ein. Allerdings wisse man nicht, was das für diejenigen bedeuten würde, die in unmittelbarer Nähe wohnen. „Vor allem aber würde eine Tunnelbaustelle Teile der Gemeinde über Jahre verwüsten.“
Wie diese Baustelle aussehen würde, kann man am ehesten Torsten Gruber fragen. Er ist Projektleiter für den Brenner-Nordzulauf bei der Deutschen Bahn. Gruber betont, dass man das zum aktuellen Zeitpunkt nicht absehen könne. „Es hängt von den geologischen Bedingungen ab, wie sich die Bauarbeiten gestalten würden“, sagt der Experte.
„Der Boden hat verschiedene Schichten, die wir genau untersuchen müssen. Nur so können wir bestimmen, wo und in welcher Höhe der Tunnel verlaufen müsste“, erläutert Gruber. Wasserführende Schichten wolle man dabei nach Möglichkeit vermeiden, zumal das Thema Grundwasser in dem Gebiet sehr sensibel sei.
Weitere Bohrungen erforderlich
Um die Beschaffenheit des Bodens zu erkunden, sind seinen Worten nach weitere Probebohrungen in Stephanskirchen notwendig. Gegen diese wehrt sich allerdings die Gemeinde. „Wir haben in solchen Fällen die Möglichkeit, über das Eisenbahnbundesamt eine Duldungsanordnung zu erwirken. Das werden wir auch in diesem Fall anstreben, wenngleich es uns viel lieber wäre, im Einvernehmen mit der Gemeinde zu arbeiten“, so Gruber. Die Probebohrungen müssten seiner Meinung nach eigentlich auch im Interesse der Kommune liegen, da man mit ihrer Hilfe beurteilen könne, ob die Trasse überhaupt Realität werden kann.
„Das wäre eine Katastrophe für uns“
Der genaue Verlauf der Trasse durch das Gemeindegebiet kann Peter Schneider an sich egal sein. Für ihn steht fest: Würde die Neubaustrecke tatsächlich östlich von Rosenheim umgesetzt, käme das für ihn einer Katastrophe gleich. Schneider wohnt mit seiner Familie in zweiter Generation im Schloss Innleiten, einem neubarocken Anwesen, das der Geschäftsmann Thomas Gillitzer Ende des 19. Jahrhunderts errichten ließ und das Schneider mit großem Aufwand herrichtet.
Die Trasse würde in unmittelbarer Nähe des Schloss Innleiten über den Inn führen. „Sie können sich vorstellen, was das für uns bedeuten würde“, sagt der 58-Jährige im Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen. Nicht nur Lärm wäre eine Zumutung. Ein großes Problem für das denkmalgeschützte Gebäude könnten die Erschütterungen sein, die die Güterzüge verursachen. Schneider ist selbst Bausachverständiger und versteht etwas vom Fach, insofern ist er alarmiert.
Als Nachbarn hat Familie Schneider unter anderem eine Kolonie Frösche, die einen ehemaligen Fischteich bewohnen und für die Bahn noch zu einem Problem werden könnten. „Die Tiere sind geschützt und werden von der EU beobachtet“, sagt Schneider.
Das Thema Natur- und Artenschutz spiele eine wichtige Rolle bei den Planungen, sagt Gruber. „Das ist für uns ein bedeutendes Kriterium bei der Beurteilung der Trassenvorschläge in den nächsten Monaten“, sagt er. Und wer weiß, vielleicht verhindern ein paar Frösche tatsächlich den Sprung der Trasse über den Inn nach Stephanskirchen.