Stephanskirchen – „Das ist eine reine Alibi-Veranstaltung“. Die Pruttingerin war mit ihrer Meinung keineswegs alleine beim „Info-Markt“ zum Brenner Nordzulauf im Gasthaus Antretter. Von allen Seiten schlug den Bahnmitarbeitern Skepsis entgegen. Da wurde der eine oder andere jüngere Mitarbeiter schon mal kurzangebunden.
„Mich würde interessieren, warum die Italiener und Österreicher schon fast fertig sind und jetzt kommen sie plötzlich auf uns zu und jetzt soll‘s hoppla gehen“, konfrontierte ein älterer Herr einen der jungen Bahner. „Es wird doch sowieso von oben runter gemacht und wir Bürger haben nichts mitzureden.“ Nein, so sei das nicht, der Bahn sei der Dialog wichtig, entgegnete der junge Mann. „Nur der Planungsauftrag, mit zwei neuen Gleisen die beste Trasse zu finden, kam bisher von oben“, versicherte er. Zwei neue Gleise? Und wo bleibe da Verkehrsminister Andreas Scheuers Versprechen, den Ausbau der Bestandsstrecke zu prüfen? Davon höre und sehe man nichts mehr, ärgerte sich ein Herr im Rollstuhl.
Für eben diesen Herrn – und nicht nur für ihn – stellte sich auch die Frage, ob überhaupt eine neue Trasse gebraucht werde. Er sei wirklich nicht fortschrittsfeindlich, aber hier sehe er die Notwendigkeit nicht. „Die Trasse scheint mir ein reines Prestigeprojekt der Bahn zu sein. Damit die dann damit werben kann, dass man von München nach Verona jetzt eine Stunde weniger braucht…“ Es gebe Studien, so eine Besucherin, die zeigten, dass die Bestandsstrecke in der Tat reiche, schon der Brenner-Basistunnel sei „ein Sch…“. Unterschiede zu den ersten Trassenplänen sehe sie auch keine, „ich finde das alles unglaublich.“ Und eine Versenkung von Steuergeldern.
„Was wir mit diesen Trassen kaputt machen, ist gar nicht wahr. Natur- und Landschaftsschutzgebiete spielen keine Rolle, sind völlig wurscht“ echauffierte sich eine Frau aus Prutting, ein Herr aus Stephanskirchen attestierte den beiden durch Stephanskirchen führenden Trasse „apokalyptische Ausmaße“.
So weit geht Rainer Auer, Stephanskirchens Bürgermeister und ein langjähriger Verfechter des Ausbaus der Bestandsstrecke, nicht. Beide Trassen durch Stephanskirchen laufen nach derzeitiger Planung durch einen Tunnel, wären für den Großteil der Bevölkerung vermutlich kein Drama – sind die Bauarbeiten erst beendet.
Was Auer umtreibt: „Die Trassen würden genau an unserem Wasserschutzgebiet vorbeiführen.“ Am Wasserschutzgebiet des Brunnens, für den die Gemeinde 20 Probebohrungen niederbringen musste. Zwar komme sich die Fließrichtung des Wassers wohl nicht mit der Bahntrasse ins Gehege, so Auer, aber der Tunnel könne dennoch massive Probleme verursachen: Wenn er das Grundwasser aufstaut. Untersuchungen dazu gibt es laut Bürgermeister bisher noch nicht.
Ein weiteres Problem: Beide Trassen durch Stephanskirchen enden im Tunnel. An den Innleiten. In Leonhardspfunzen.